Heute bin ich umgezogen von Jerusalem nach Beit Jala. Es sind etwa 10 km (Luftlinie) zwischen den beiden Orten, aber wie schon oft beschrieben trennt die beiden Orte nicht nur eine 8-10 m hohe Mauer. Wie üblich habe ich den palästinensischen Bus 231 benutzt, der tagsüber alle 10 Minuten am Damaskustor in Ost-Jerusalem startet und – je nach Verkehrslage – nach etwa 45 Minuten seine Endhaltestelle auf der Grenze zwischen den beiden Städtchen Bethlehem und Beit Jala erreicht.
Mal wieder bin ich in der Abrahamsherberge untergebracht, einem sehr schönen Gästehaus, mitten in der Altstadt von Beit Jala.
Wenn man wie ich seit 2012 immer wieder mal zu Besuch in diese Region kommt, stellt man immer wieder auch Veränderungen fest. Oft nicht auf den ersten Blick, es sei denn ein neuer Hotelbau ist so augenfällig in die Landschaft gebaut oder der immer chaotisch werdende Autoverkehr, der einem oft die Luft zum Atmen nimmt. Nein, es sind die oft unscheinbaren Dinge, die erst beim genauen Hinsehen auffallen. Gerade hier in Beit Jala, mit dem benachbarten Bethlehem und Beit Sahour, die christlichen „Hochburgen“ in Palästina, hat sich in den letzten Jahren vieles verändert, und meistens zum Guten. Ich hatte schon im vorigen Jahr berichtet, dass es immer „schickere“ Läden gibt, die, auch was die Schaufensterauslagen angeht, mit westlichen Maßstäben konkurrieren können. Auch immer mehr feinere Restaurants, die eben nicht nur die so gute arabische Küche anbieten, werben um Kundschaft.
Heute entdeckte ich den neuangelegten „Old-City-Trail“, mit dem die Verantwortlichen in der Stadt, die Besucher auf einen (gut beschilderten) Weg durch die überwiegend schön restaurierte Altstadt von Beit Jala führen.
Alle diese Neuheiten zeigen mir aber auch eines deutlich auf: die Menschen hier glauben, trotz aller Widrigkeiten der Besatzung, an eine Zukunft, wollen sich nicht aufgegeben.
Ich möchte auch noch einmal kurz auf meinen Bericht von gestern zum aktuellen Gaza-Konflikt eingehen. Ich hatte meinen gestrigen Eintrag mit der Feststellung geendet: das man (ich) gar nicht spüre, das in Land Krieg ist.
Erst heute habe ich erfahren, das Gush Shalom, zu Deutsch „Der Friedensblock“,
eine 1991 (u.a. durch den jüngst verstorbenen Uri Avnery) gegründete israelische Friedensorganisation gestern mit anderen Friedensgruppen in drei Städten (Haifa, Tel Aviv und Jerusalem) zu Demonstrationen aufgerufen hatte. Im Aufruf wird ein vollständiger politischer Kurswechsel gefordert. Hier heißt es u.a.: „Wir müssen einen neuen Weg gehen. Bewohner Südisraels und Bewohner von Gaza, Israelis und Palästinensern – nur Frieden kann uns allen Sicherheit garantieren. Nur Ruhe sorgt für ruhige Nächte – nur so ist es möglich. Lasst uns aufhören, weil wir Hass verbreiten und Angst säen, lasst uns diesen Schmerz beenden. Heute, vor allem heute, sollten wir fordern, was längst hätte geschehen sollen, das Einzige, was das Leben sichern kann: die Aufhebung der Belagerung, die Beendigung der Besatzung und den Frieden zwischen Israel und Palästina. Wir verdienen ein glückliches Ende dieser traurigen und schwierigen Geschichte. “
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