Mehr als an den anderen Tagen bestimmt am Sonntagmorgen das Geläut der christlichen Kirchen diese „heiligen Stadt“. So haben die deutschsprachigen Christen die Möglichkeit katholische und evangelische Gottesdienste in ihrer Sprache zu besuchen.
Da ich nur an einem Sonntag hier in Jerusalem zu Gast bin, habe ich die Gelegenheit genutzt, sowohl das Konventamt in meiner „Heimat“-Basilika-Dormitio um 9.00 Uhr zu besuchen, als auch den Gottesdienst der evangelischen Erlöserkirchengemeine, die ihre Kirche in unmittelbarer Nähe der Grabeskirche, im Zentrum der Altstadt hat (etwa 10 Minuten Fußweg vom Zionsberg) Die Erlöserkirche wurde 1898 in Gegenwart des deutschen Kaiserpaares eingeweiht. Weitere Infos unter: www.evangelisch-in-jerusalem.org
Während das Konventamt der Benediktiner in, einem mit Pilgergruppen gut gefülltem Gotteshaus, seinen –für mich gewohnten – ruhigen und mit wunderschönen Gesängen gepaarten 75 minütigen Verlauf nahm, war der Abendmahlgottesdienst der evangelischen Christen für mich schon ein ganz besonderes Erlebnis. Das lag sicherlich zum einen daran das es sehr lange her ist, das ich bei einem protestantischen Gottesdienst dabei war. Der Gottesdienst hier, der um 10.30 begann, war aber gleichzeitig der Abschiedsgottesdienst des hiesigen Probstes, Dr Uwe Gräbe. So nahm er nicht nur, was die Gottesdienstdauer anging (ca. 2 Stunden), es leicht mit den katholischen Brüdern und Schwestern auf, nein er hatte auch, bedingt durch die „Entpflichtung“ des seit 6 Jahre hier gelebt und gearbeiteten Probstes einen besonderen Charakter. Zunächst waren es auch hier wieder, wie vor ein paar Tagen in Tabgha bei der Klostereinweihung, zahlreiche „Ehrengäste“ anwesend: so Vertreter der palästinensischen Autonomiebehörde aus Ramalah, der deutschen Botschaft, Vertreter verschiedene christlicher Kirchen, der jüdischen und der muslemischen Gemeinden. Der Gottesdienst wurde durch eine prächtig gespielte Orgel, einem Violine-Solisten und einem Chor musikalisch wunderbar umrahmt. Mir wurde im Verlauf des Gottesdienstes mehr als deutlich, wie viel Parallelen die katholische und die evangelische Liturgie letztlich verbinden.
In seiner Abschiedspredigt ging Dr. Gräbe natürlich auch auf die hier mit seiner Familie verbrachten sechs Jahre ein, seine Erlebnisse und Erfahrungen in dieser so besonderen Stadt. Er schilderte seine so vielfältigen Erlebnisse und Erfahrungen im religiösen und auch im politischen Bereich. Er sprach von dem Blick von seiner Terrasse auf die drei Kuppel der drei großen Kirchen die die Altstadt prägen: die goldene des Felsendomes, die weiße der neuen großen jüdischen Synagoge und die eher gräuliche der in der direkten Nachbarschaft befindlichen Grabeskirche. So manchmal hätte man bei den Religionsvertretern den Eindruck, dass jeder den anderen davon überzeugen will, das nur sein Gott der wirklich richtige sei.
Er sprach auch von seinen Mitarbeitern die zum Teil aus Bethlehem kommend, morgens am Checkpoint nicht wissen ob es 20 Minuten oder zwei Stunden dauert. Bei mir hängen geblieben ist auch eine Grunderfahrung die er hier gemacht hat im „Dialog des Lebens“. Es sei besser zu lernen als zu (be)lehren. Denn wer lernt sei bereit mit anderen zu sprechen, etwas vom anderen anzunehmen, sich zu verändern. Welche guten Gedanken für die oft so unlösbar erscheinende Probleme und Situation hier im Hl. Land, sowohl unter den Kirchen, Religionen wie auch im politischen Bereich.
Der in die Tiefe gehende Gottesdienst endete mit dem Reisesegen für den scheidenden Probst und seiner Familie und dem vom Chor wunderbar vorgetragenen irischen Lied:
Möge die Straße uns zusammen führen
irisches Segenslied
1.
Möge die Straße uns zusammen führen
und der Wind in deinem Rücken sein,
sanft falle Regen auf deine Felder
und warm auf dein Gesicht der Sonnenschein
Und bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich fest in seiner Hand,
und bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich fest in seiner Hand.
3.
Hab unterm Kopf ein warmes Kissen,
habe Kleidung und das täglich Brot,
sei über vierzig Jahre im Himmel,
bevor der Teufel merkt, du bist schon tot.
Und bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich fest in seiner Hand,
und bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich fest in seiner Hand.
2.
Führe die Straße, die du gehst
immer nur zu deinem Ziel bergab,
hab, wenn es kühl wird warme Gedanken,
und den hellen Mond in dunkler Nacht.
Und bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich fest in seiner Hand,
und bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich fest in seiner Hand.
4.
Bis wir uns mal wiedersehen,
hoffe ich, dass Gott dich nicht verlässt,
er halte dich in seinen Händen,
doch drücke seine Faust dich nie zu fest.
Und bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich fest in seiner Hand,
und bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich fest in seiner Hand.
Danke für Ihren verständnisvollen und informativen Bericht !
Mit freundlichen Grüßen
Rüdiger Arlt