Eine Woche im Kloster

Heute nun „habe ich die „Seiten gewechselt“, bin vom Gästehaus der Dormitio-Abtei am Rande der Jerusalemer Altstadt in das etwa 10 km entferne Gästehaus von Taltha Kumi bei Beit Jala gewechselt. Von Israel durch die Mauer nach Palästina.

Ich möchte aber in meinem heutigen Bericht etwas Rückschau halten zu meinem Aufenthalt in den letzten sechs Tagen bei den Benediktinern in der Dormitio, bevor ich ab morgen beginne den Weinberg der Familie Nassar in den Blick zu nehmen.

von allen Seiten ein toller Anblick: die dormitioabtei auf dem Zionsberg in Jerusalem
von allen Seiten ein toller Anblick: die Dormitio-Abtei auf dem Zionsberg in Jerusalem

Die mich ein wenig persönlich kennen, wissen, dass ich einen besonderen Bezug zum Klosterleben habe. Seit 1990 habe ich mich einmal im Jahr, für mindestens eine Woche ,ins Kloster „zurück gezogen“. In den ersten Jahren zu den Benediktinern nach Münsterschwarzach (bei Würzburg) und seit nun mehr als 10 Jahren, ebenfalls bei den Benediktinern, in der Abtei Königsmünster in Meschede im Sauerland. Wie schon in meinem Blog am Himmelfahrtstag erwähnt, liebe ich das klösterliche Leben, mit den zeitlich festgelegten Gebetstunden die den Tagesablauf „ordnen“. Die Psalm Gesänge in den Gebetszeiten haben für mich immer auch etwas sehr Meditatives. Alles was ich im Kloster tue ist freiwillig Hier wird nichts erzwungen. Hier kann Ich zur Ruhe kommen, entspannen und wieder auftanken. Für mich sind es ein wenig „paradiesische“ Zustände.

Und dennoch, der Aufenthalt in diesem Kloster am Rande

der Blick aus dem Westen
der Blick aus dem Westen

der Jerusalemer Altstadt ist für mich doch etwas anderes, hat eine besondere Qualität, als meine sonstigen Aufenthalte in den deutschen Klöstern. Allein schon der Umstand, das noch keinen Kilometer vom Kloster entfernt hier die beiden großen Weltreligionen mit der Westmauer und dem Tempeldom herausragende Gebetsstätten haben, macht das Besondere hier deutlich. Aber auch das der Geschichte nach, das Kloster dort steht, wo Jesus gestorben, auferstanden und in den Himmel aufgefahren sein soll, und eben in vielen Gebeten diese Orte konkret erwähnt werden, gibt für mich dem Hiersein etwas Außergewöhnliches dem ich mich auch nicht entziehen möchte.

Wie vorgestern im Blog vom Freitag kurz angedeutet hatte ich am Freitag das große Vergnügen mit einem der Mönche, Elias, im schöne Klosterhof eine Stunde zu plaudern. Gerne berichte ich hier von dem was mir aus dem Gespräch hängen geblieben ist und damit wohl auch wichtig war.

Pater Elias
Pater Elias

Pater Elias wurde 1962 in der Nähe von Kaiserslautern geboren. Nach seinem Theologiestudium wurde er 1989 in Speyer zum Priester geweiht und war danach zehn Jahre als Kaplan und Pfarrer in seiner Heimatdiözese eingesetzt.

In die Dormitio trat er 1999 ein und legte im Jahr 2001 seine Profess ab.

Ich habe ihn bei meiner ersten Gruppenfahrt 2012 in Tabgha kennen gelernt. Er war damals Prior der kleinen Gemeinschaft am See Genezareth

Als ich ihn nun hier wieder traf begrüßte er mich herzlich und erkundigte sich auch immer mal wieder, wenn wir uns bei den Gottesdiensten trafen, wie es mir so gehe hier bei ihnen im Kloster. Das hat mich sehr berührt, war ich es von meinen bisherigen Aufenthalten im Kloster nicht gewohnt, dass sich einer der Mönche nach meinem Wohlbefinden erkundigte. Gerne war er auch zu einem Gespräch. Als ich ihn zu Beginn des Gespräches fragte wie es denn komme, dass er sich so um mein Wohlempfinden „kümmert“, meinte Elias, dass er denke, Menschen die hier in der Dormitio zu Gast sind und am klösterlichen Leben teilnehmen, müssen mehr, als vielleicht in Deutschland, „auf sich nehmen“ um hier zu sein. Deshalb habe er vor diesen Menschen einen besonderen Respekt und Achtung und eben auch Interesse an ihrem Befinden. Für ihn, der 10 Jahre Gemeindepfarrer in Deutschland war, hat der Bezug zu Menschen darüber hinaus sicherlich auch noch mal einen anderen Stellenwert als vielleicht bei seinen Mitbrüdern, die direkt ins Kloster eingetreten sind.

Das Osterkreuz in der Abteikirche
Das Osterkreuz in der Abteikirche

Für ihn, der immer schon die Bibel und das Heilige Land geliebt hat, war neben diesem besonderen Gefühl vor allem die Menschen hier, denen er vor dem Hintergrund des stärkeren spirituellen Rahmen sich anders und intensiver nähern kann, wichtigste Motivation hier in ein Kloster einzutreten. Wobei er nach nunmehr 16 Jahren spürt dass sich die Hauptmotive des Wechsels – „Heiliges Land“ und „Naher Osten“- hin zu einem wirklichen Interesse an dem Leben der Menschen hier, verändert haben. So ist in seinem Alltag, neben den vielfältigen Aufgaben, die sich durch die Besuche vieler Pilger ergeben, vor allem die Kontakte zu den Mitbrüdern der anderen Konfessionen (syrischen, koptischen und armenischen Christen) einen besonderen Schwerpunkt. Wo bei ihm weniger der wissenschaftliche Austausch von Bedeutung ist sondern eher der Austausch zu deren monastischem Leben, deren Werte und Schwerpunkte.

Im so schwierigen Konflikt zwischen Israel und Palästina sehen sich die Mönche als

Durch dieses Tor kann jeder eintreten
Durch dieses Tor kann jeder eintreten

Brücke oder Bindeglied zwischen den beiden Inseln auf denen sich die jeweilige Gruppe oftmals „abkapseln“ würden. Hier bei den Mönchen auf dem Zionsberg kann sich jeder treffen, egal welcher Religion oder Weltanschauung. In Tabgha werden schon seit Jahren Menschen mit Behinderung aus Israel und Palästina, Juden und Moslems zu einer Ferienfreizeit geladen. Für alle Beteiligten sind dies, so Elias, wundervolle Erfahrungen. Das ihr verbindendes Engagement bei ganz wenigen extremen Juden auch mit Argwohn bedacht wird, zeigen die Brandanschläge in Tabgha (Sommer 2015) und in der Dormitio (im Mai 2014, zur selben Zeit als der Papst Franziskus nur wenige 100 m entfernt einen Gottesdienst im Abendmahlsaal hielt). Trotzdem auch „sie wollen keine Feinde sein“ lassen sich nicht anstecken durch diese Aggression von Gewalt und Hass. Wir als Christen sind bereit zur Barmherzigkeit, zum Verzeihen und zum Neubeginn. Gerade diese Attacken haben eine riesige „Solidaritätswelle“ erzeugt, viele Menschen haben sich gemeldet. Es hat sich bei diesen Reaktionen gezeigt, dass es mehr Menschen mit freundlichen Absichten auf beiden Seiten, als man vielleicht glauben mag. Dies macht ihm Hoffnung und motiviert ihn als Brückenbauer weiter zu machen.

 

 

Über Marius S. 405 Artikel
Seit dem Frühjahr 2012 habe ich die Möglichkeit, mir durch längere Aufenthalte im Westjordanland/Palästina, ein eigenes Bild von der aktuellen Situation im israelisch/palästinensischen Konflikt zu machen. Ich habe in dieser Zeit unter anderem aktiv im international bekannten Friedensprojekt "Tent of Nations" in der Nähe von Bethlehem (2012) und in einem Heim für alte und behinderte Frauen in der Nähe von Ramallah (2013) gearbeitet. Darüber hinaus habe ich seit dem verschiedene Gruppen bei Begegnungsreisen in Israel, Palästina und im Herbst 2015 auch in Jordanien begleitet. In vielen Kontakten mit palästinensischen und israelischen Menschen hatte ich die Möglichkeit, deren Gefühle und Einschätzungen zum Leben und zum Konflikt zu erfahren. Durch diese Erlebnisse und Erfahrungen vor Ort bin ich motiviert worden, mich auch hier in Deutschland für eine Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinenser einzusetzen. Vor diesem Hintergrund habe ich Kontakt mit der Nahost-Kommission von pax christi aufgenommen und bin seit 2013 dort Mitglied.

1 Kommentar

  1. Ich Frage mich jeden Tag, wie lange soll es so weiter gehen. Wir Palästinenser lieben die Heimat und deren Geschichte. Egal welche. Die Gebildeten aber wissen das wir das Opfer sind einer europäschen Katastrophe. England verkaufte unsere Heimat um das jüdische Problem Ende des 19 Jahrhundert und nach der Katastgophe ( die Shoah) zu lösen. Palästina wurde geteilt. Wie kann eine Mutter die Teilung ihres Kindes akzeptieren. Deswegen haben wir es abgelehnt. Das Kind heißt nun Israel. Mit der Trennung Jerusalem aus West Bank haben Sie dem Volk seine Identität weggenommen.
    Wie lange können wir das noch ertragen.?? Anders als die Juden in der Diaspora haben wir keinen starken Glauben. Wir werden uns wie das Salz im Meer auflösen.

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