Freitag ist hier Sonntag

Es ist allgemein bekannt das in den muslemischen Ländern der Freitag als der Feiertag der Woche gilt, so wie bei uns (noch)der Sonntag. Das hängt vor allem mit dem für die Muslime wichtig(st)en Freitag(mittag)gebet zusammen. Hier ist es für alle Muslime (Männer und Frauen angesagt zur Moschee zu gehen.

Gestern Donnerstabend in einem Park bei Ramallah

Das heißt hier aber auch, dass der Donnerstagabend so etwas wie der Samstagabend bei uns ist: man geht aus, bummelt durch die Geschäfte oder die jungen Menschen machen „Party“, gerade in den christlichen „Hochburgen“ Ramallah, Bethlehem und Beit Jala. Am Freitag haben Behörden, Schulen und viele Geschäfte (die allerdings meist nur bis nach dem Mittagsgebet) geschlossen. Andere Werktätige, die die eine Arbeit haben gehen schon zu Arbeit, machen dann allerdings eine längere Mittagspause in der sie dann am Mittagsgebet teilnehmen. Da am Freitag so viele Menschen zur Moschee eilen und die oft zu klein ist, bleiben viele vor der Türe, setzen sich auf den mitgebrachten Gebetsteppich und hören die über Lautsprecher nach draußen übertragene oftmals kämpferisch vorgetragene Predigt (oft auch mit politischen Inhalten durchmischt) des Immans, des geistlichen Oberhauptes der örtlichen muslimischen Gemeinde. Zum abschließenden Gebet versammeln sich dann aber alle, wie wir das von Bildern her kennen in Reih und Glied, um gemeinsam zu beten

Freitagsgebet auf dem Krippenplatz in Bethlehem

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Da ich gerade das Thema muslimische Gebräuche am Beispiel des Freitages beschrieben habe möchte ich etwas zu dem Muezzin (Gebetsrufern) sagen. Sie rufen 5x am Tag zum Gebet, wobei das nicht heißt dass immer das gleiche gerufen wird. Wichtig aber ist zunächst das es hier keine Tonbänder gibt sondern jede Moschee hat wohl ihren eigenen, vielleicht auch mehrere Rufer. Wann sind die Gebetszeiten: zum Sonnenuntergang(Beginn des neuen Tages) so gegen 19.30 das erste und zwei Stunden nach Sonnenuntergang so gegen 21.15 das zweite. Am Morgen zu Beginn der Dämmerung/Morgenröte, derzeit so gegen 4.00 Uhr das Dritte; dann um die Mittagszeit (derzeit gegen 12.30 Uhr das vierte und dann gegen 16.00 Uhr das fünfte Gebet. Sicherlich auch bei uns gibt es viele Kirchen die dann auch mal Läuten. Mal 5 Minuten, kann auch schon mal was länger sein. Ich kenne auch Mitmenschen bei uns die das als „Lärmbelästigung“ bezeichnen.

Ich möchte das mit den Rufen der Muezzin auf keinen Fall als Lärmbelästigung bezeichnen. Will aber feststellen dass man sich hier nirgendwo diesen Rufen entziehen kann. Jeder Ort, mag er noch so klein sein hat seine Moschee (manchmal auch mehrere) und die dazu gehörenden Rufer. Es hat sich mir auch noch nicht ganz erschlossen was sie wann rufen, warum sie manchmal eine Pause machen dann wieder anfangen, warum sie Manchmal hoch rufen/singen, manchmal mit tiefem Bass. Vielleicht, nein ziemlich sicher gibt es ja Studien dazu. Vielleicht kennt ja jemand die??
Das schreibt Wikipedia:

Der Muezzin (arabisch ‏مؤذّن‎ mu’adhdhin, DMG muʾaḏḏin) ist ein Ausrufer, der die Muslime zum Gebet (Salat, arabisch: as-salāt) aufruft. Er ruft die Muslime fünfmal täglich zu bestimmten Uhrzeiten zum Beten zusammen. Der islamische Gebetsruf Adhan ertönt in arabischer Sprache und beginnt übersetzt mit den Worten „Gott ist größer!“ (Allahu akbar).Der Muezzin ist kein Geistlicher, sondern gehört zum Personal der Moschee. Seine Funktion ist – u. a. wegen des textbasierten Vortrags – nur bedingt vergleichbar mit dem Läuten der Kirchenglocke durch den Messner im Christentum. Je nach Situation kann auch ein normaler Gläubiger die Funktion eines Muezzins übernehmen, zum Beispiel wenn Gebete während der Arbeitszeit verrichtet werden.

von hier ruft "mein" Muezzin in Qubeibaeh

Wie dem auch sei, die Menschen folgen dem Ruf, beten zu Hause oder gehen in die Moschee. Wer wie ich schon mal dort zugeschaut hat wie ernsthaft Groß und Klein, Jung und Alt in Reihe stehen und knien, sich intensiv dem Gebet und seinen Ausdrucksformen widmen, wird wie auch ich beeindruckt sein. Eine solche intensive Verbundenheit der ganzen Gebetsgemeinde wird man in unseren Kirchen selten finden.

 

Über Marius S. 405 Artikel
Seit dem Frühjahr 2012 habe ich die Möglichkeit, mir durch längere Aufenthalte im Westjordanland/Palästina, ein eigenes Bild von der aktuellen Situation im israelisch/palästinensischen Konflikt zu machen. Ich habe in dieser Zeit unter anderem aktiv im international bekannten Friedensprojekt "Tent of Nations" in der Nähe von Bethlehem (2012) und in einem Heim für alte und behinderte Frauen in der Nähe von Ramallah (2013) gearbeitet. Darüber hinaus habe ich seit dem verschiedene Gruppen bei Begegnungsreisen in Israel, Palästina und im Herbst 2015 auch in Jordanien begleitet. In vielen Kontakten mit palästinensischen und israelischen Menschen hatte ich die Möglichkeit, deren Gefühle und Einschätzungen zum Leben und zum Konflikt zu erfahren. Durch diese Erlebnisse und Erfahrungen vor Ort bin ich motiviert worden, mich auch hier in Deutschland für eine Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinenser einzusetzen. Vor diesem Hintergrund habe ich Kontakt mit der Nahost-Kommission von pax christi aufgenommen und bin seit 2013 dort Mitglied.

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