Pflanzen als Hoffnungszeichen

Wie bekannt, war ich schon oft auf dem Weinberg der Familie Nassar.
Auch gestern hat es mich wieder dorthin „gezogen“. Von der Straße 60 kommend, die Jerusalem mit dem etwa 30 km entfernten Hebron verbindet, bin ich den etwa 1 km langen Weg zu Eingang des Weinbergs-Geländes gegangen. Auf der Kuppe, von der man den (wunderschönen) Blick ins Tal, auf den Weinberg und das palästinensische Dorf Nahalin und die, den Weinberg umgebenden, fünf israelischen Siedlungen hat (was den Blick etwas trübt), sieht man nun eben seit Neuestem auch die Großbaustelle der Thora-Schule. Nachdem bei meinem Besuch in der letzten Woche, die Arbeit (der palästinensischen (!!) Baufirma aus Hebron) wegen des jüdischen Pessach-Festes ruhte, war heute hier Hochbetrieb. Große Bagger, Raupen und die Wagen mit Fertigbeton, ließen mich als Besucher des Weinberges nur schwer den Weg finden.

fast kein Durchkommen auf dem Weg zum Weinberg: Großbaustelle Thoraschule

Oben am Rande der Baustelle stand auch ein Reisebus. Ich erfuhr vom Fahrer, dass er eine Reisegruppe aus England fährt, die heute dem Weinberg einen Besuch abstatten.. Am „alten“ Roadblock“ der schon 2001 den Fahrweg zum Eingang des Weinberggeländes versperrt, kam mir die Gruppe entgegen. Wie viele Gruppen, die sich gerade auch für den Weinberg interessieren, sind die Teilnehmer/innen „älteres Semester“, will sagen, da sind dann auch schon mal Menschen dabei, die „nicht mehr so gut zu Fuß sind“. Auch bei dieser Gruppe war es so, einige mit Gehhilfen hatten schon Probleme über die angehäuften Hügel des Roadblocks zu kommen. Daher ist es schon jetzt ein Problem, dass die vielen Manschen, die den Weinberg besuchen wollen, nicht nur einen viel längeren Weg gehen müssen, sondern der Weg ist eben auch sehr beschwerlich zu gehen.

für Alte und Behinderte wird es immer schwieriger den Weinberg zu erreichen

Wie sooft, wenn ich auf den Weinberg komme, sind Besucher dort. Die eben angesprochene Gruppe aus England war gerade weg, jetzt stand Daoud Nassar mit einer kleinen Gruppe aus Deutschland im Gespräch, einige Amerikaner (aus Kalifornien), waren auch auf dem Berg. Dazu wieder einige neue (junge) Volontäre, auch aus den USA.

Tomatenplanzen mit Tröpfchenbewässerung

Ich hatte mir heute etwas Zeit „mitgebracht“, wollte ein wenig mit konkreter Arbeit, das besondere Gefühl spüren, was ich noch gut von meinem ersten Aufenthalt 2012, wo ich ja vier Wochen hier gearbeitet habe kenne. Daoud bat mich ihm beim pflanzen von Tomaten und Auberginen zu helfen. Das Stück Land (etwa 60×15 m groß), war vorbereitet (umgepflügt). Wir legten dann dünne Plastikrohre in Reihen, die miteinander und dann mit einem Wassertank verbunden werden. Diese Röhrchen haben alle 40 cm ein kleines Loch, so kann dann die „Tröpfchen“-Bewässerung, eine Erfindung aus Israel, dafür sorgen das die kleinen Pflanzen genügend Wasser bekommen. Anschließend haben wir die kleinen Pflänzchen nahe dem Löchlein in die (oft steinige) Erde gepflanzt. Insgesamt wurden in etwa 2-3 Stunden fast 400 Pflanzen in die Erde gebracht. Ich bin mal gespannt wie viel davon wirklich „angehen“. Daoud meinte das von der Pflanzaktion im Oktober 2015 (hier wurden mehr als 3.000 Rebstöcke gepflanzt) etwa 70 % „angegangen“ sind. Das ist, wenn man die Wasserprobleme die hier herrschen, einbezieht, ein guter Schnitt finde ich.

Blick über den neuen Erlebnisgarten auf den Rohbau der Thoraschule

Ich habe in den zurückliegenden 5 Jahren hier auf dem Weinberg schon viele Pflanzaktionen mitbekommen, selbst aktiv beteiligt war ich nur selten. Es war um so schöner, dass ich heute dieses Gefühl wieder einmal miterleben konnte. Ich glaube für alle, die dabei sein dürfen, gibt eine solche Pflanzaktion das Gefühl: es geht weiter, der Weinberg hat eine Zukunft. Ich wünsche es ihm, seinen Bewohnern und Gästen von Herzen.


Tageszitat aus „Recht ströme wie Wasser“

Warum soll der Preis für die Ermächtigung der Juden, nach dem Holocaust den Staat Israel errichten zu dürfen, die Unterdrückung und das Elend der Palästinenser sein?
von Naim Stifan Ateek (mehr zu ihm siehe meinen Beitrag am 8. April)

 

 

Über Marius S. 405 Artikel
Seit dem Frühjahr 2012 habe ich die Möglichkeit, mir durch längere Aufenthalte im Westjordanland/Palästina, ein eigenes Bild von der aktuellen Situation im israelisch/palästinensischen Konflikt zu machen. Ich habe in dieser Zeit unter anderem aktiv im international bekannten Friedensprojekt "Tent of Nations" in der Nähe von Bethlehem (2012) und in einem Heim für alte und behinderte Frauen in der Nähe von Ramallah (2013) gearbeitet. Darüber hinaus habe ich seit dem verschiedene Gruppen bei Begegnungsreisen in Israel, Palästina und im Herbst 2015 auch in Jordanien begleitet. In vielen Kontakten mit palästinensischen und israelischen Menschen hatte ich die Möglichkeit, deren Gefühle und Einschätzungen zum Leben und zum Konflikt zu erfahren. Durch diese Erlebnisse und Erfahrungen vor Ort bin ich motiviert worden, mich auch hier in Deutschland für eine Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinenser einzusetzen. Vor diesem Hintergrund habe ich Kontakt mit der Nahost-Kommission von pax christi aufgenommen und bin seit 2013 dort Mitglied.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*