„Segenreicher“ palästinensischer Alltag

Das "Wallet Off Hotel" mit der "besonderen" Aussicht

Heute stand auf dem Programm die Besichtigung der Mauer in Bethlehem, ein Besuch im Flüchtlingscamp Aida, ein Besuch im Wallad-Off-Hotel von Banksy, ein Gespräch mit Ursula Mukarker in der Beratungsstelle für traumatisierte Kinder und Frauen „Wings of Hope“, und zum Abschluss am Nachmittag ein Besuch in der der „Patriarchen-Stadt“ Hebron, in der sich die Grabstätte Abrahams, des Stammvaters der Juden, Moslems und Christen befinden soll.

Ich habe in diesem Blog über  alle Programmpunkte, teilweise sehr ausführlich und mehrmals, schon geschrieben. Ich darf also, vor allem die neuen Leser/innen, auf die entsprechenden Links zu Beginn meines heutigen Tagesberichtes verweisen.

„der größte Schlüssel der Welt“ am Eingang zum Aida-Flüchtlings-Camp in Beit Jala

Ich will mich also in meinem heutigen Bericht auf das aktuelle, von heute (bzw. aus den letzten Wochen) beschränken.

Der Tag war im Übrigen auch geprägt von einem Wettereinbruch, der einherging mit starkem Regen und Wind, vor allem aber auch mit stark gesunkenen Temperaturen (von unter 10 °C). Wie Faten uns erklärte, würden die Leute bei so einem Wetter, der den immer ersehnten Regen bringt, von einem „gesegneten“ Wetter sprechen.

Die Besuche im Aida-Camp und auch im Wald-Off-Hotel, beide Einrichtungen liegen direkt an der 12m hohen Mauer, die Jerusalem von Bethlehem trennt, waren für die Gruppe beeindruckend. Für mich wurde durch das Gespräch mit einer Vertreterin Alle haben die Meinung vertreten, dass das Wetter sich der Stimmung, die diese beiden Versuche bei der Gruppe erzeugten, „prima ergänzten“.

wenn man im Wald-Off-Hotel aus dem Fenster schaut: sieht man die Mauer

Der Besuch im Zentrum Wings of Hope for Trauma https://www.wings-of-hope.de/international/palaestina-und-israel/traumaarbeit/ haben wir nicht nur etwas zur Arbeit mit und für traumatisierte Kinder und Frauen erfahren, wir haben auch durch einen Zwischenfall, am eigenen Leibe erfahren können was es heißt/heißen kann, hier in dieser so krisengeschüttelten Region im „normalen“ Alltag zu leben. Gegen 13.30 hörten wir auf der Straße (das Büro liegt mitten in Bethlehem) Schüsse. Etwa 15 Minuten gingen Salven von Gewehrschüssen einher, mit Geschrei von aufgeregten Menschen, wilden Hupen der Autos und in Panik durcheinander laufende Menschen. Wir konnten das aus der 2. Etage unseres Meeting-Raumes gut beobachten. Dank der sozialen Medien, hatte Ursula Mukarker relativ schnell unsere spontane Befürchtung, das es hier wieder, wie sooft in Bethlehem, zu einer Eskalation zwischen israelischer Armee und Palästinensern, gekommen ist, zerstreut. Wie wir erfuhren, dass es eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen zwei Familien gegeben hatte. Hintergrund war wohl die Tötung einer 31 jährigen 5-fachen Mutter durch den Ehemann, den die Familie der Frau „rächen“ wollte. Der große Schreck über diesen Zwischenfall, der sich in unserer unmittelbaren Nähe ereignete, war uns allen nachhaltig in „die Glieder“ gefahren. Trotzdem haben wir uns mit einiger Verspätung, noch auf den weg ins 25 km entfernte Hebron gemacht.

Plakat im Aida-Camp erinnert an den Tod eines 13jährigen -Jungen

Bedingt durch das wirklich schlechte, nasskalte Wetter, aber auch wegen der späten Anreise, haben wir das übliche Programm in Hebron stark gekürzt. Wir sind einen kurzen Weg durch die Altstadt zur Abrahams-Moschee gegangen. Die Gruppe hatte also nur ganz begrenzt die Möglichkeit, die Besonderheit und damit die Konfliktursache in dieser Stadt in „Augenschein“ zu nehmen.

Ich will hier nicht verschweigen, dass wir auch in Hebron, als wir uns aus der Altstadt entfernten, Schüsse gehört haben. Welchen genauen Hintergrund sie hatten habe ich bis jetzt nicht in Erfahrung bringen können.

Ich möchte an dieser Stelle aber über ein Ereignis berichten, dass sich vor einigen Wochen, im Zusammenhang mit der Stadt Hebron ereignet hat, in meinem Blog berichten. Ende Januar 2019   hat Israel die Ausweisung der Temporären Internationalen Präsenz in Hebron (TIPH) aufgekündigt, und das Ökumenische Begleitprogramm Palästina Israel (EAPPI) hat daraufhin erklärt, dass es jetzt zu unsicher für sie sei, ihre Menschenrechtsbeobachter weiterhin in der Stadt zu stationieren. 

Verkleidet in die Abraham-Moschee

Alle Apelle, auch der der Bundesregierung, die Entfernung der TIPH aus Hebron rückgängig zu machen um sicherzustellen, dass internationale Menschenrechtsbeobachter, Freiwillige und Aktivisten in der Lage sind, sicher in der Stadt zu arbeiten, haben bis heute nichts genutzt

TIPH – bestehend aus Norwegen, Dänemark, Schweden, der Schweiz, Italien und der Türkei – wurde 1994 als Ergebnis der Osloer Abkommen gegründet, die die Notwendigkeit einer internationalen Beobachtertruppe in der Krisenstadt anerkennen, in der sich Siedler – die zu den gewalttätigsten und fanatischsten der gesamten israelischen Siedlerbewegung gehören – in der palästinensischen Bevölkerung niedergelassen haben; 1994 war auch das Jahr des Moscheemassakers von Ibrahimi.

Ende 2018 veröffentlichte die TIPH einen öffentlichen Bericht (in der Regel bleiben ihre Beobachtungen vertraulich), in dem über 40.000 Menschenrechtsverletzungen aufgeführt sind. Es sagte, dass Israel regelmäßig internationale und sogar israelische Gesetze verletzt. Im folgenden Monat, Januar 2019, kündigte Netanyahu an: „Wir werden die Fortsetzung einer internationalen Truppe, die gegen uns handelt, nicht zulassen“. 

in der Galerie im Banksy-Hotel gesehen: das Wasser steht bis zum Hals

Die „Freunde von Sabeel“ deren deutsche Gruppe auch das Büchlein „Recht ströme wie Wasser“ aus dem ich jeden Tag ein Zitat in diesem Blog veröffentliche, schreibt jede Woche: Jeden Donnerstag versammelt sich die Gemeinde in Jerusalem zum Abendmahl und zum Gebet. Ein Gebet, das in diesem Gottesdienst gebetet wird, wird auch an die Beter in aller Welt gesendet, damit in jeder Region um 12 Uhr das Gebet gebetet wird, damit eine Welle des Gebets rund um die Erde entsteht. Die Gebete haben zum Inhalt aktuelle Ereignisse der letzten Woche.

Hier ein Auszug vom heutigen Tag

Am Mittwoch, 6.März, wurden durch ein Feuer in ihrem Haus in Al Salaymeh, das zur Altstadt von Hebron gehört zwei palästinensische Kinder getötet. Die Feuerwehr wurde an einer Straßenblockade von Soldaten Israels aufgehalten; so war sie nicht in der Lage, die Kinder beizeiten zu erreichen. Als Nachbarn das Haus betraten und die Kinder herausholten, wurden sie an einem Checkpoint festgehalten, da sie die Kinder doch nicht rechtzeitig in ein Krankenhaus bringen könnten. Wael Al Rajabi und Malak, ein vier-jähriger Junge und Malak, seine achtzehn Monate alte Schwester starben bei dem Unfall; ein Bruder erlitt schwere Verwundungen.

Herr, wir beten für die Familie von Wael und Malak, die ihren Verlust betrauert; und wir beten für die Genesung ihres Bruders. Wir bitten, dass diese Tragödie die israelische Besatzungsmacht dazu bringt, nachzudenken, ob sie auch in Zukunft Notdienste davon abhält auf kritische Unfälle zu reagieren.

Herr, nach Deiner Barmherzigkeit erhöre unsere Gebete.

und zum Schluss des heutigen Tagesberichtes das Tageszitat aus „Recht ströme wie Wasser“

Das regenerierte jüdische Volk in Palästina muss nicht bloß ein friedliches Zusammenleben mit dem arabischen anstreben, sondern auch eine umfassende Kooperation und Entfaltung des Landes.  (Martin Buber)

Über Marius S. 405 Artikel
Seit dem Frühjahr 2012 habe ich die Möglichkeit, mir durch längere Aufenthalte im Westjordanland/Palästina, ein eigenes Bild von der aktuellen Situation im israelisch/palästinensischen Konflikt zu machen. Ich habe in dieser Zeit unter anderem aktiv im international bekannten Friedensprojekt "Tent of Nations" in der Nähe von Bethlehem (2012) und in einem Heim für alte und behinderte Frauen in der Nähe von Ramallah (2013) gearbeitet. Darüber hinaus habe ich seit dem verschiedene Gruppen bei Begegnungsreisen in Israel, Palästina und im Herbst 2015 auch in Jordanien begleitet. In vielen Kontakten mit palästinensischen und israelischen Menschen hatte ich die Möglichkeit, deren Gefühle und Einschätzungen zum Leben und zum Konflikt zu erfahren. Durch diese Erlebnisse und Erfahrungen vor Ort bin ich motiviert worden, mich auch hier in Deutschland für eine Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinenser einzusetzen. Vor diesem Hintergrund habe ich Kontakt mit der Nahost-Kommission von pax christi aufgenommen und bin seit 2013 dort Mitglied.

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