Shuo Shla Village: von Siedlungen umgeben

Heute morgen bin ich zu Fuß die etwa 2 km von meiner (Abrahams-) Herberge zur Schlafstätte von Ekki und seinem Freund Rolf gegangen. Er ist zu Gast bei Claire einer guten Freundin von Ekki.

Das Haus Claire Anastas liegt in der Nähe des Bethlehemer Checkpoints 300, den täglich zwischen 4000 und 6000 Palästinenser überqueren, um in Israel zu arbeiten. Sie und ihr Mann haben das Haus in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts gebaut, keine 5 Gehminuten entfernt vom Elternhaus des Vaters. Ende 2003 wurde hier die Mauer gebaut, die Bethlehem von Jerusalem trennt. Das Haus ist von drei Seiten von der 9 m hohen Mauer umgeben.

von drei Seiten eingemauert

Claire bietet Bed&Breakfast an und hat auch einen Souvernirshop. Jeder der die Lage des Hauses sieht kann sich denken, dass ihr Gasthaus und auch der Shop nicht (mehr) so stark besucht werden. Mit ein Grund für Ekki hier unter zu kommen.

Da Ekkis Freund Rolf zum ersten Mal in Palästina zu Besuch ist war heute ein wenig Sightseeing angesagt. „Gleich um die Ecke“ des Wohnhauses von Claire ist das Aida-Flüchtlingscamp über das ich schon öfters berichtet habe. Wir haben uns auch die besonders umstrittene Mauer die das schöne Cremisantal von Beit Jala abtrennt unterhalb der großen Straßenbrücke angeschaut. Hier bin ich noch 2015 mit Faten Mukarker und ihrer Freundin durch ein Tor im (damaligen Zaun) gegangen. Das ist schon krass zu sehen wie hier durch die israelische Besatzungsmacht neue Fakten geschaffen wurden.

2018: eine Mauer zwischen Beit Jala und dem schönen Cremisan-Tal

Anschließend sind wir nach Battir gefahren, der Ort dessen so kunstvoll angelegten Terrassen von der UNESCO zum „Weltkulturerbe“ erklärt wurden. Auch hier bin ich schon im April 2015 gewesen und verweise daher auf meinen Blogeintrag von damals

Heute habe ich auch einen ersten (Kurz-)Besuch auf dem Weinberg der Familie Nassar gemacht. Wie schon meinem letzten Besuch mit der Gruppe im Herbst 2017 beichtet ist es ganz ungewohnt, nach der Abzweigung von der Straße 60, auf einer großen neuen Straße (die aber dann zur Thora-Schule führt) den Weg zum Weinberg zu nehmen. Anschließend wollten wir dem in der Nähe liegenden „Dorf“ Shoshala einen Besuch abstatten. Daoud Nassar kennt die Bewohner. Er sagte uns das sie durch ihn und sein erfolgreichen gewaltlosen Widerstand ermutigt worden seien, das Dorf wieder (neu) aufzubauen.

Wohnhaus der Familie Salah in Shoshahla

 

Ich hatte von diesem kleinen Weiler (würde man bei uns sagen) kürzlich in einem Bericht eines EAPPI-Beobachters gelesen. Es soll in unmittelbarer Nähe der mir gut bekannten Siedlung Neve Daniel liegen, die wiederum etwa in 500 m Entfernung oberhalb des Weinberges der Familie Nassar liegt. Es war etwas schwierig den Zugang von der großen Straße 60 zu finden. En kleines blaues Schild wies uns den Weg: Shua Shla Village stand dort zu lesen. Zunächst ein unbefestigter Weg, dann eine geteerte Straßen, ich vermutete die alte Straße 60. Leider haben wir keinen der Bewohner/innen angetroffen. Nachfolgend der Anfang des Berichtes:

Das Dorf Shoshahla liegt etwa fünf km südlich von Bethlehem. Es ist das erste Dorf, das ich hier als Ecumenical Accompanier (ökumenischer Begleiter) und Teil des EAPPI Bethlehem-Teams besuche. Ich bin kaum eine Woche hier und allein dieser einzelne Besuch lehrt mich mehr darüber was es heißt, von Siedlungen umgeben zu sein, als ich zuvor aus Büchern, Artikeln und Dokumentationen erfahren konnte.

Hier geht es zum ganzen Beitrag

Man kann übrigens diese Berichte der EAPPI-Beobachter auf der Homepage abonnieren, sie sind in der Regel sehr interessant.

Blick von Shoshahla auf einen kleinen teil der Siedlung Efrat

 

Vor diesem Hintergrund kann man sehr gut nachvollziehen, dass sich die palästinensischen Land-Eigentümer seit vielen Jahren gegen diesen „Landraub“ protestieren. Seit 1976 wird der heutige 30. März als der „Tag des Boden“ begangen.

Am 30. März 1976 demonstrierten Palästinenser gegen die Siedlungspolitik Israels. Die Polizei schlug den Protest gewaltsam nieder, wobei sechs Demonstranten ums Leben kamen, 100 weitere wurden teilweise schwer verletzt und Hunderte wurden verhaftet.
Aktuelle Meldung von heute Nachmittag im DLF:
Im Gazastreifen ist es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen palästinensischen Demonstranten und israelischen Soldaten gekommen.
Dabei sind nach palästinensischen Angaben mindestens sieben Menschen getötet und rund 600 verletzt worden. In den letzten Tagen wurde zu mehrwöchigen Protesten im Grenzgebiet zu Israel aufgerufen. Daran beteiligen sich seit dem Morgen nach Schätzungen etwa 20.000 Menschen. Es wird ein Rückkehrrecht für hunderttausende palästinensischer Flüchtlinge und ihre Nachkommen in Gebiete des heutigen Israels.

 

Über Marius S. 405 Artikel
Seit dem Frühjahr 2012 habe ich die Möglichkeit, mir durch längere Aufenthalte im Westjordanland/Palästina, ein eigenes Bild von der aktuellen Situation im israelisch/palästinensischen Konflikt zu machen. Ich habe in dieser Zeit unter anderem aktiv im international bekannten Friedensprojekt "Tent of Nations" in der Nähe von Bethlehem (2012) und in einem Heim für alte und behinderte Frauen in der Nähe von Ramallah (2013) gearbeitet. Darüber hinaus habe ich seit dem verschiedene Gruppen bei Begegnungsreisen in Israel, Palästina und im Herbst 2015 auch in Jordanien begleitet. In vielen Kontakten mit palästinensischen und israelischen Menschen hatte ich die Möglichkeit, deren Gefühle und Einschätzungen zum Leben und zum Konflikt zu erfahren. Durch diese Erlebnisse und Erfahrungen vor Ort bin ich motiviert worden, mich auch hier in Deutschland für eine Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinenser einzusetzen. Vor diesem Hintergrund habe ich Kontakt mit der Nahost-Kommission von pax christi aufgenommen und bin seit 2013 dort Mitglied.

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