Palestine Update Nr. 68 – 7. September 2017

 

Kirchenleiter verurteilen Israel wegen systematischer Unterhöhlung der Christenheit im Heiligen Land

 

Die Kirchenleiter haben Israel verurteilt wegen seines „systematischen Versuchs, die Integrität der Heiligen Stadt Jerusalem zu unterminieren und die Schwächung der christlichen Präsenz in Palästina herbeizuführen“.

 

In einer Stellungnahme gerichtet an die Christen weltweit, klagten die Kirchenleiter Israel der Verfehlung an, christliche Rechte im Heiligen Land nicht zu schützen. Sie baten auch die Christen dringend, ebenso wie die Häupter der Regierungen und alle Menschen guten Willens, sie in ihren Bemühungen zu unterstützen, zu sichern, dass Israel keine weiteren Schritte gegen die palästinensische christliche Gemeinde unternimmt.

 

Ihre Verurteilung folgt einem Beschluss des israelischen Militärgerichtshofes im vergangenen Monat, mit dem Siedlergruppen erlaubt wurde, zwei Hotels und ein großes Gebäude in der Altstadt von Jerusalem zu besetzen, welche dem Griechisch-Orthodoxen Patriarchat gehören.

 

Während das Patriarchat die Entscheidung des Gerichtshofes anklagte und zugleich monierte, dass „dieser Handel illegal beschlossen worden sei“, wurde zu Beginn dieser Woche eine gemeinsame Stellungnahme als Antwort der Kirchenleiter auf den ihrer Meinung nach „systematischen Versuch, die Christenheit im besetzten Jerusalem zu unterminieren“ herausgebracht.

 

Nachdem sie Israel angeklagt hatten, „den Status Quo zu brechen“, der zuständig ist für den Schutz der heiligen Stätten und christlichen Privilegien, verurteilten die Patriarchen und Leiter der lokalen Kirchen in Jerusalem die Verordnung des israelischen Gerichtshofes als „ungerecht und politisch motiviert“, der den Siedlern erlaubte, sich Eigentum der Kirchen anzueignen.

 

Die Kirchenleiter stimmten in die Besorgnis vieler Kirchen weltweit ein, die durch die Unfähigkeit Israels alarmiert sind, christliche Gemeinden im besetzten Jerusalem zu schützen, deren Zahl als Ergebnis der rassistischen israelischen Politik im Schwinden ist.

 

Die palästinensische christliche Bevölkerung macht nur bis zu 2 % der Bevölkerung Israels und Palästinas aus – gegenüber der früheren Anzahl von rund 15 %. In Bethlehem allein ist die christliche Bevölkerung von 20.000 1995 auf 7.000 geschrumpft. Obwohl man sagt, dass die Spannungen im Mittleren Osten der Grund für die Flucht der Christen aus dem „heiligen Land“ sind, bezeichnen die meisten die israelische Besetzung als den primären Grund für die Emigration und den Niedergang der christlichen Gemeinde.

 

Yusef Daher, Exekutivsekretär des Weltkirchenrates, glaubt, dass der starke Schwund der Anzahl der christlichen Bewohner von Jerusalem das Ergebnis des Versuchs Israels ist, Jerusalem zu judaisieren und sein christlich- und muslimisch-palästinensisches Erbe langsam

auszurotten.

 

Die Politik der Regierung des Staates Israel durch die ganze Geschichte war einseitig: Jerusalem sowohl zu einer jüdischen Stadt machen und zur Hauptstadt von Israel, und zugleich alle christlichen (und muslimischen) Palästinenser loszuwerden, sagte Daher.

 

Ähnliche Befürchtungen wurden in der gemeinsamen Stellungnahme der Patriarchen und Leiter der lokalen Kirchen geäußert. Wir sehen in diesen Aktionen den systematischen Versuch, die Integrität der Heiligen Stadt Jerusalem und des Heiligen Landes zu unterminieren und die Gegenwart der Christen zu schwächen. „Solche Versuche“, fügten sie hinzu, „werden gemacht, um die christliche Gemeinde in Jerusalem und im Heiligen Land zu unterminieren; sie betreffen nicht nur die Kirche; sie betreffen uns alle, und sie betreffen Christen und Menschen guten Willens weltweit“.

 

 

Die Stellungnahme der Patriarchen und Kirchenleiter in Jerusalem

 

Lernet Gutes tun, trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten,

schaffet den Waisen Recht, führet der Witwen Sache!“ (Jes.1/17)

 

Im Juli 2017 wurden wir, die Leiter der Kirchen in Jerusalem, gezwungen, eine öffentliche Erklärung der Betroffenheit über Brüche des Status Quo abzugeben, der gültig die heiligen Stätten und die Rechte und Privilegien der Kirchen sichert. Dieser Status Quo ist allgemein anerkannt von den religiösen Autoritäten wie auch von den Regierungen, und wurde immer von den Zivilbehörden unserer Region gutgeheißen.

 

Jetzt finden wir uns wieder vereint in der Verurteilung weiterer neuer Übergriffe gegenüber dem Status Quo. In solchen Angelegenheiten sind wir Leiter der Kirchen entschlossen und einig in unserem Widerstand gegenüber jeder Aktion von jeder Behörde oder Gruppe, die diese Gesetze, Übereinkommen und Regulierungen untergräbt, welche unser Leben jahrhundertelang geordnet haben.

 

Da sind noch weitere Aktionen, die einen klaren Bruch des Status Quo darstellen. Das Urteil in der Causa „Jaffa Gate“ gegen das Griechisch-Orthodoxe Patriarchat von Jerusalem, das wir als ungerecht sehen, wie auch der politisch motivierte Gesetzesvorschlag der Knesset, der die Eigentumsrechte der Kirchen einschränken würde, sind weitere Angriffe auf die Rechte, die der Status Qu0 von jeher garantiert.

 

Wir sehen in diesen Aktionen einen systematischen Versuch, die Integrität der Heiligen Stadt Jerusalem und des Heiligen Landes zu untergraben, und die Gegenwart der Christen zu schwächen. Wir bestätigen so klar als möglich, dass eine vitale, vibrierende christliche Gemeinschaft ein wesentliches Element in der Aufstellung unserer vielfältigen Gesellschaft ist, und dass Bedrohungen der christlichen Gemeinschaft nur die trübenden Spannungen verschärfen können, die in diesen turbulenten Zeiten aufgetreten sind.

 

Solche Versuche, die christliche Gemeinde von Jerusalem und im Heiligen Land zu unterminieren, treffen nicht nur eine Kirche allein, sie treffen uns alle, und sie treffen Christen und alle Menschen guten Willens weltweit. Wir sind immer unserer Mission treu gewesen zu sichern, dass Jerusalem und die Heiligen Stätten für alle offen sind, ohne Unterschied und ohne Diskriminierung und wir sind einig in unserer Unterstützung von Aktionen wie einer Berufung vor dem Obersten Gerichtshof gegen das Urteil in der Causa „Jaffa Gate“ und in unserem Widerstand gegen irgendein vorgeschlagenes Gesetz, das die Rechte der Kirchen über unser Eigentum einschränken würde.

 

Daher fordern wir als jene, denen die Göttliche Vorsehung die Sorgfalt sowohl für die heiligen Stätten wie auch für das pastorale Wohlergehen der lebenden einheimischen christlichen Gemeinden im Heiligen Land anvertraut hat, unsere geschwisterlichen Kirchenleiter und Gläubigen weltweit auf, und ebenso die Beauftragten der Regierungen und alle Menschen guten Willens, uns zu unterstützen, um sicher zu gehen, dass keine weiteren Versuche von irgendeiner Seite unternommen werden, um den historischen Status Quo, seine Vorsorge und seinen Geist zu verändern.

 

Wir können nicht stark genug die ernste Situation betonen, die dieser kürzlich erfolgte systematische Angriff auf den Status Quo, der für die Integrität von Jerusalem und das Wohlergehen der christlichen Gemeinschaften im Heiligen Land steht, und ebenso auf die Stabilität unserer Gesellschaft darstellt.

 

Wir, die Leiter der Kirchen in Jerusalem stehen einstimmig zusammen in unserer Arbeit für die Versöhnung und für einen gerechten und dauerhaften Frieden in unserer Region und wir bitten um Gottes Segen für alle Völker in unserem geliebten Heiligen Land.

 

Die Patriarchen und kirchenleitenden Personen in Jerusalem:

 

+ Patriarch Theophilos III, Griechisch-Orthodoxes Patriarchat

+ Patriarch Nourhan Manougien, Armenisch-Apostolisch-Orthodoxes Patriarchat

+ Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, Apostolischer Administrator des Lateinischen     Patriarchats

+ Fr.Francesco Patton OFM, Custos für das Heilige Land

+ Erzbischof Anba Antonious, Koptisch-Orthodoxes Patriarchat, Jerusalem

+ Erzbischof Swerios Malki Murad, Syrisch-Orthodoxes Patriarchat

+ Erzbischof Aba Embakob, Äthiopisch-Orthodoxes Patriarchat

+ Erzbischof Joseph-Jules Zerey, Griechisch-melkitisch-katholisches Patriarchat

+ Erzbischof Mosa El-Hage, Maronitisches Patriarchalisch Exarchat

+ Erzbischof Suheil Dawani, Episkopalkirche von Jerusalem und dem Mittleren Osten

+ Bischof Munib Younan, Evangelisch-Lutherische Kirche in Jordanien und dem Heiligen Land

+ Bischof Pierre Malki, Syrisch-katholisches Patriarchal Exarchat

+ Msgr. Georges Dankaye‘, Armenisch-katholisches Patriarchal Exarchat

 

(September 2017)

 

(Übers.: Gerhilde Merz)