Sehr geehrter Herr Berger,

Ich hatte schon im vergangenen Sommer 2020 davon berichtet, dass die Familie Nassar von einer palästinensischen Familie aus dem benachbarten Nahalin mit dem Besitzanspruch auf einen Teil ihres Landes konfrontiert wird.

Dies bedeutet nun nach der jahrzehntelangen Bedrohung durch die israelischen Militärverwaltung (die noch immer nicht beendet ist) eine ganz neue, aber eben auch existenzielle Bedrohungslage für die Familie Nassar.

Es ist überhaupt das erste Mal, seitdem die Familie Nassar vor über hundert Jahren das Grundstück, das in der Gemarkung der Gemeinde Nahalin liegt, nachweislich käuflich erworben hat, dass jemand aus dem Dorf Nahalin Anspruch auf einen Teil dieses Grundstücks erhebt.

Die Familie Nassar hat sich deshalb bereits im Sommer an das zuständige Gericht in Bethlehem gewandt und warten dort noch immer auf eine Entscheidung in dieser Besitzfrage. Seit dem Sommer gibt es immer wieder, teils gewalttätige Angriffe von Mitgliedern dieser palästinensischen Familie. So wurden eigenmächtig auf dem Gelände der Familie Nassar einige Felder bestellt, mehrere Zäune gebaut, somit Fakten geschaffen ohne die gerichtliche Entscheidung abzuwarten.

Es wurde darüber hinaus in Gebäude eingebrochen und Teile davon zerstört, Mitglieder der Familie persönlich bedroht, der letzte Angriff geschah am Freitag, dem 16. April 2021. Die Familie Nassar hat alle diese Angriffe sowohl bei der Polizei als auch beim Gouverneur von Bethlehem angezeigt, aber die Angriffe finden weiterhin statt. Zuletzt hat die Familie Nassar sich mit einer „offenen“ Anzeige in der örtlichen Tageszeitung, direkt an den Präsidenten Mahmud Abbas gewandt.

Das Gericht in Bethlehem hat am 4. April 2021, bei Androhung von Strafe, den betreffenden Personen, verboten, das Grundstück der Familie Nassar zu betreten. Allerdings hat es auch nach dieser Entscheidung weitere „Überfälle“ gegeben.

Während die Familie gegen die drohende Beschlagnahmung ihres Landbesitzes durch die israelischen Behörden, eine dreißigjährige gerichtliche Auseinandersetzung führt, die für sie vor allem eine enorme finanzielle Belastung darstellt, bedeutet diese neuen, teils gewalttätigen Bedrohungen, durch die palästinensischen Nachbarn eine ganz andere „Qualität“. Es sind Angriffe der „der eigenen Brüder“.

Vor 2 Jahren wurde diesem beispielhaften Friedensprojekt zu Recht der deutsch-französische Menschenrechtspreis verliehen, nicht zuletzt wegen des besonderen Symbols des gewaltfreien Widerstandes „Wir weigern uns Feinde zu sein“ 

Die zahlreichen Unterstützer*innen in aller Welt, zu denen auch viele europäische Politiker*innen gehören, die den Weinberg in den letzten Jahren besucht haben, so beispielsweise der MP von Baden Württemberg, Winfried Kretschmann, aber auch kirchliche Vertreter*innen, so der Erzbischof von Canterbury, Welby , müssen fürchten, dass das Friedensprojekt „Tent of Nations“ dauerhaft Schaden nimmt.

Sehr geehrter Herr Berger, vielleicht besteht die Möglichkeit, dass die deutsche Vertretung in Ramallah, in Kontakten mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas, in dieser Angelegenheit helfend eingreift, damit die Gefährdung der Familie Nassar und ihres Eigentumes nachhaltig gesichert werden.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen für den deutschen Unterstützerkreis

Marius Stark