11. September 2020

Liebe Freunde

Es ist für uns sehr trostreich zu spüren, dass wir bei allem, was uns widerfährt, nicht allein sind. Herzlichen Dank all unseren Freunden, die uns in dieser schwierigen und kritischen Zeit, in der wir uns befinden,  zur Seite stehen.

Wie ihr wisst, befinden wir uns mitten im Prozess der erneuten Land Registrierung. Das erste Mal kam das Komitee für die Registrierung am 30. Juni 2020 auf den Weinberg, um die Grenzen der beiden Teile des Landes, die in unserem Besitz sind, zu kontrollieren. Bei dieser Gelegenheit sollten die Nachbarn unterschreiben und bezeugen, dass die Grundstücke uns gehören. Dies ist ein wichtiger Schritt im Prozess der Neuregistrierung. An diesem Tag konnte das Komitee alle Markierungen und Nummern nicht finden und musste deshalb das Verfahren abbrechen.

Wir mussten drei Landvermesser bestellen, die zwei Tage später kamen. Dann mussten wir bei 40 Grad Hitze alle Grenzen der Farm ablaufen – bergauf, bergab – über Steine und um Steine herum. Mit schwarzer Spray Farbe markierten wir jede Stelle der Grenze, die mittels GPS System angezeigt wurde und so die Genauigkeit der Markierung sicherstellt.

Das Komitee kam am 21. Juli 2020 wieder, um die erste Parzelle zu kontrollieren. Alle palästinensischen Nachbarn, deren Grundstücke an unsere Farm grenzen, waren anwesend. Sie bezeugten die Richtigkeit mit ihrer Unterschrift. Sie verhielten sich alle sehr kooperativ, und das Verfahren verlief total ruhig und reibungslos.

Am 28. Juli 2020 kam das Komitee erneut, um den zweiten Teil zu kontrollieren. Bei den Dorfbewohnern stand hauptsächlich die Forderung zur Debatte, kleine Wege durch unser Land zu öffnen, um es unseren Nachbarn zu erlauben, darauf zu ihrem Grundstück zu gelangen. Wir erlaubten dies bereits vor einiger Zeit, aber die Frage drehte sich nun um die Forderung, dass diese Erlaubnis auch in den Papieren der Neuregistrierung vermerkt werden sollte. Wir befürchteten, dass wir den gesamten Prozess nochmals beginnen müssten, wenn wir uns formell damit einverstanden erklärten. Der gesamte Einwand konzentrierte sich an jenem Tag bei einigen Nachbarn nur auf die geforderten Wege. Niemand bestritt, dass wir die Besitzer des Grundstücks sind. Einige Tage später besuchten mich ein paar Freunde aus dem Dorf und brachten drei weitere Leute mit. Diese drei Leute behaupteten, dass ein Teil des Grundstücks, das wir neu registrieren liessen, ihnen gehöre. Übrigens waren diese drei Leute am 28. Juli 2020 ebenfalls vor Ort als das Komitee kam, aber in Anwesenheit des Komitees stellten sie keinerlei Besitzansprüche. Ich erklärte ihnen, dass wir alle notwendigen Besitzurkunden haben und sie dürften ihre Klage gern dem Gericht unterbreiten; jegliche Streitfragen könnten dort gelöst werden.

Am 28. August rief mich ein Nachbar an, um mir mitzuteilen, dass diese gleichen drei palästinensischen Leute  aus dem Dorf mit einem Traktor kämen und beginnen würden, auf unserem Grundstück zu arbeiten. Ich habe sofort die Polizei benachrichtigt und ging zum Palästinensischen Regional Gouverneur, um eine Klage zu deponieren. Ich nahm ebenfalls Kontakt mit dem Gericht auf, um eine Anordnung zu erhalten, diesen Leuten Einhalt zu gebieten; dies ist noch im Gange, und ich hoffe, diese Anordnung bald zu erhalten.

Am 30. August ging ich zusammen mit Jihan hinunter ins Tal, um die Bäume zu bewässern und fand einen „Anbau Stop“ Befehl (stop cultivation order); später fand ich zwei weitere solcher Befehle im neuen Weinberg, wo wir vor ein paar Jahren Olivenbäume, Weinreben und Obstbäume gepflanzt hatten. Die Siedler von Neve Daniel reichten beim Obersten Gericht Klage ein, um uns am Verfahren der Neuregistrierung zu hindern. Sie behaupteten, dass das Grundstück Staatsland sei und wir es nicht als Privateigentum neu registrieren dürften. (Die Gerichtsverhandlung ist für den 30. September 2020 angesetzt)

Am 3. September haben Jihan und Amal Trauben im neuen Weinberg gepflückt. Sie standen 20 bis 30 mit Stöcken bewaffneten jungen Leuten gegenüber, die den Zaun zum neuen Weinberg niedergerissen hatten und drohten, die Wohnhöhle vom Weinberg zu zerstören. Jihan gelang es, Tony Nassar in Bethlehem anzurufen, der die Polizei benachrichtigte.

Am 4. September kamen Eindringlinge während der Nacht auf das Grundstück und haben gravierende Zerstörungen in der Höhle verursacht. Sie brachen die stark befestigte Tür zur Höhle auf, zerbrachen die Fenster, leerten die Regale und Schränke, warfen den Inhalt auf den Boden und verursachten weitere Schäden. Ausserhalb der Wohnhöhle zerstörten sie die kleine Solaranlage und die Batterien und stahlen den Generator. Beides versorgte die Höhle mit Elektrizität. Ferner zerstörten sie die Überwachungskamera und stahlen das Aufnahmegerät der Kamera. Auch wurden die dort vorhandenen Werkzeuge gestohlen. Der von den Eindringlingen angerichtete Schaden beläuft sich auf etwa $30‘000. Die einzig gute Tatsache hierbei war, dass sich in jener Nacht keine Familienmitglieder dort befanden. Wir versuchen noch immer herauszufinden, wer hinter diesem Angriff steckte, was das Motiv war und warum es gerade jetzt geschah.

Während der ganzen letzten Zeit haben wir die gesamte Arbeit auf der Farm wegen des „Corona Virus“ allein ohne Arbeiter anzustellen und ohne die Hilfe von internationalen Volontären bewältigen müssen. Es ist wichtig für uns, auch während der Nacht auf dem Land bleiben, um Tag und Nacht unsere Präsenz zu zeigen. Wir haben Mandeln und Trauben geerntet und beenden auch bald die Feigen Ernte. Glücklicherweise war die Trauben Ernte in diesem Jahr sehr gut, aber unglücklicherweise haben wir keine Volontäre zum Helfen. Das grösste Problem ist momentan, was wir mit der Ernte machen sollen. Wir wollen in diesem Jahr keinen Wein machen, da wir noch genügend vom letzten Jahr haben. Trauben auf dem Lokalmarkt zu verkaufen, rentiert nicht. Wir stellen Marmelade aus Trauben sowie eine Art „Licorice“ (Lakritze) aus getrockneten Trauben her.

Ein weiteres grosses Problem stellt im Moment die Solar Anlage dar. Die Batterien sind bald verbraucht, und wir müssen sie ersetzen. Wir benutzten zeitweise den Diesel Generator, aber der ist zu laut – besonders während der Nacht. Ich befasse mich mit diesem Problem.

Ich möchte so gern gute Nachrichten verbreiten, um mich und auch all unsere Freunde zu ermutigen, die hoffnungsvolle Nachricht erwarten. Ich kämpfe darum, aber woher soll man diese Hoffnung inmitten dieser Finsternis, in der wir uns befinden, nehmen? Ich weiss, dass die Kerze in diesem dunklen Tunnel noch immer brennt, aber ich kann sie noch nicht sehen. Ich muss mich darauf konzentrieren und in die betreffende Richtung sehen und lauschen, wo sie zu finden ist. Wir sind sicher, dass diese Kerze da ist und brennt, und ihr tragt sie für uns! 

Meine Freunde, unsere Reise wird fortgesetzt. Danke für euer Mittragen und Begleiten auf unserer langen Reise! Herzlichen Dank für all eure Gebete, Liebe und Unterstützung!

„Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, haltet fest am Gebet“.

Gottes Segen und Friede sei mit euch!

Daoud

Daoud Nassar

Director

Tent of Nations

-People Building Bridges-

Tel: +972 599 933 729

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