Ich habe mich heuten, an einem sonnigen, frühlingshaften Tag, zunächst ohne ein festes Programm oder eine Gesprächsverabredung durch die Straßen und Gassen der palästinensischen Stadtteile, nördlich des Damaskus-Tores „treiben“ lassen. Ich finde es einfach schön, so ein einig am Leben arabischen leben teilhaben zu können. Natürlich durfte ein kleiner Abstecher zum American-Colony-Hotel nicht fehlen. Leider hatte das wunderschöne Garten-Cafe noch nicht geöffnet, wofür ich aber Verständnis habe, hatten wir doch hier vor einigen Tagen noch einen gefühlten Winter.
So habe ich mich zum Stadtbekannten „Educational Bookshop“ begeben, der in diesem Stadtgebiet zwei Läden hat, einen Visavis vom Amerikan-Colony-Hotel, einen zweiten 500m weiter Richtung Damaskus-Tor. Interessante Bücher überwiegend zur Geschichte Palästinas, meist in englischer Sprache. Aber auch DVD und sehr anspruchsvolle Ansichtskarten sind dort zu finden. Aber es gibt auch einen leckeren Café oder Cappuccino.
Ich habe dann auch noch das Büro in der UN-Organisation OCHA besucht, welches ebenfalls in diesem Gebiet liegt. OCHA steht für das Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten in den besetzten palästinensischen Gebieten (oPt). OCHA sagt von sich dass es die Nothilfe koordiniert, um Leben zu retten und Menschen in humanitären Krisen zu schützen. „Wir setzen uns für wirksame und prinzipienfeste humanitäre Maßnahmen von allen für alle ein“. Bei OCHA bekommt man u.a. aktuelle Karten zum Westjordanland und dem Gaza-Streifen
Am Nachmittag hatte ich die Möglichkeit an einer Veranstaltung mit Sumaya Farhat Naser teilzunehmen, die vor einer Gruppe im Paulushaus sprach. Den Leiter der Gruppe, Pfarrer Bernhard Pfaff hatte ich vor einigen Jahren bei Fatima kennen gelernt.
Sumaya ist mir zum Einen bekannt, als die Schulfreundin von Fatima, über die beiden ist ja der Film gedreht, dessen Link ich ja vor einigen Tagen dem Bericht von Fatima zugefügt habe. Ich habe sie aber auch einmal in Köln erlebt, als sie 2012 dort aus Ihrem ersten Buch „Thymian und Steine“. vorgelesen hatte, dass in diesem Jahr zum „Buch für die Stadt“ ausgezeichnet worden war. Mittlerweile hat sie 5 Bücher herausgebracht und geht immer noch auf Vortragsreise in Deutschland, der Schweiz und Österreich. Mehr zum ihren Büchern und der diesjährigen Vortragsreise, die im Mai stattfindet, ist auf der Seite des Lenos-Verlages zu finden.
Mehr zur Person von Sumaya findet ihr auch im Wikipedia-Beitrag über sie.
Heute hat sie vor allem über ihre Aktivitäten gesprochen, die sie nach ihrer Lehrtätigkeit an der Universität in Bierzeit begonnen hat, Sie beschäftigt sich im Schwerpunkt mit der Friedenserziehung.
Sie ist in insgesamt an 8 Schulen aber auch in Frauengruppen im Westjordanland und in Ost-Jerusalem regelmäßig aktiv. Sie versucht den Schüler:innen und den Frauen die Gedanken der Gewaltfreiheit näher zu bringen. Ziel ihrer pädagogischen Arbeit ist es vor allem keinen Hass zuzulassen. Ihr ist dabei wichtig, dass sie verdeutlicht, dass alle menschen gleich behandelt werden sollten, aber eben nicht gleich sind. Sie versucht ihre Schüler:innen sensibel zu machen für den Augenblick, wo ein Missverständnis beginnt:
Nicht nur die/der andere ist „komisch“, vielleicht bin auch ich es….
Natürlich darf Wut sein über die oft so schwierige Situation in der Besatzung, es dürfen, es sollen Gefühle zugelassen werden.Es soll aber gelernt werden gewaltfrei zu sprechen, gewaltfrei zu handeln.
„Dem anderen soll man in die Augen schauen können.“
Neben ihrer Pädagogischen Friedensarbeit, engagiert sich Sumaya auch in einer Frauengruppe in Silwan, dem Stadtteil am Rande der Altstadt unterhalb der Al Ansah-Moschee, über dessen Probleme ich schon oft geschrieben habe. Sumaya schilderte von einem besonderen Problem, dass dort Kinder betrifft. Während in der Westbank, Kinder, die z.B. Steine geworfen haben schon mit 10 Jahren inhaftiert werden, gelten in Silwan, das ja zu Ost-Jerusalem gehört andere Bestimmungen. Da Israel das seit 1967 besetzte Ost-Jerusalem annektiert hat, es also nach israelischer „Lesart“zum Staatsgebiet von Israel gehört, dürfen die Kinder zwischen 10 und 14 Jahren nicht inhaftiert werden. Also bekommen sie einen Hausarrest als Strafe, zwischen 8 und 24 Monate. Damit dies kontrolliert werden kann, bekommen diese Kinder eine Fussfessel. Wen wundert es dann, so Sumaya, wenn solche Kinder, die in dieser zeit natürlich auch keine Schule besuchen können, sich radikalisieren und zu Widerstandskämpfer:innen werden
Hinterlasse jetzt einen Kommentar