Mein Name ist Susi, ich bin Palästinenserin

Heute habe ich mit Gregor zwei Schulen in dieser Region besucht. Anschließend haben wir einen Blick in das groß0e Kongress-Center in Betlehem geworfen, haben einen Siedler in einer Siedlung besucht und zum Schluss des Tages waren wir auf dem Weinberg

In Bethlehem die evangelische Schule Dar Al Kalima und eben hier, wo wir im Gästehaus sind, die Talitha Kumi Schule ebenfalls in Trägerschaft der evangelischen Kirche. Im Unterschied zu der Schule in Bethlehem, die der der evangelischen Kirche in Palästina/Jordanien gehört, ist der träger der Talitha Kumi Schule der deutsche evangelische Jerusalem-Verein. Zu beiden Schulen hat Gregor im Rahmen seiner Austauschprogramme Kontakt. Vor beiden Schulen kommen im Juni Schüler:innen nach Deutschland. Im Herbst gibt es einen Gegenbesuch nach Israel und Palästina.
Wen der interessante Bericht der letzten Reisegruppe vom Oktober 2022 interessiert hier ist der Link zum Bericht.

ein Ständchen mit Bewegung für die Besucher

In der Schule Dar Al Kalina empfing uns der Direktor Toni Nassar (ein Bruder von Daoud Nassar). Derzeit gehen 436 Schüler:innen auf die Schule von der ersten bis zur 12. Klasse. 80 % sind Moslems. Diese private Schule ist sehr beliebt, es gibt eine lange Warteliste. Kopftücher dürfen in der Schule nicht getragen werden. „Hier gibt es keine Christen oder Muslime, alle sind Schüler:innen unserer Schule“ so Toni Nassar. Es werden hier gemäß dem Schulprogramm christliche Werte vermittelt: Frieden, Dialog, Hoffnung, Glaube, Respekt vor der anderen Religion, Fairnis, Teamwork

Die Schulzeit ist von 7:30-14:30. Am Nachmittag gibt es verschiedene AG`s in Sport Musik Gestaltung etc. In die Schule integriert ist auch ein Kindergarten, in den Kinder ab 4 Jahre gehen können. Ab dem Kindergarten lernen die Kinder Englisch und Mathematik. Für Schule und Kindergarten müssen im Jahr 5.000 Schekel bezahlt werden. 60 % können nichts zahlen, die anderen zahlen vielleicht die Hälfte. Staatliche Mittel der palästinensischen Autorität (PA) gibt es nicht. Neben Spenden kommt die palästinensische Kirche für alle Kosten auf.
Wir führten ein Gespräch mit den Schüler:innen die im Juni zum Besuch nach Deutschland kommen. Alle stellen sich in Deutscher Sprache vor: Mein Name ist Susi, bin 16 Jahre alt und lebe in Palästina. Meine Hobbys sind….

der Kongresspalast

Am Mittag haben wir den Kongresspalast („Convention Palace“), am Eingang des Artes-tal besucht. Dieses große Gebäude war eines der Projekte, die Teil der Vorbereitungen von Bethlehem waren, um das neue Jahrtausend willkommen zu heißen. Die Architektur wurde mit den nahegelegenen Sehenswürdigkeiten wie dem „Murad Castle“, dem Museum und den historischen „Solomon-Pools“ synchronisiert, wodurch die historische und archäologische Natur der Region erhalten blieb. In den Räumlichkeiten am südlichen Stadtrand von Bethlehem befinden sich ein riesiges Auditorium, eine Ausstellungsgalerie, ein Theater mit über 2.300 Sitzplätzen und modernster Technik, Tagungsräume und eine Cafeteria. Bis vor Corona kamenTausende von Besuchern, die die Geschichte und das Erbe des Ortes erkunden und die interessanteMischung von Veranstaltungen und Aktivitäten genießen möchten, insbesondere die im Sommer durchgeführten Programme. Das Schlossmuseum beherbergt eine der größten ethnografischen Sammlungen palästinensischer Geschichte und Kultur.

Zum Nachmittag sind wir zum Tent of Nations gefahren. Durch Kontakte die Gregor mit einem deutschsprachigen Siedler in den letzten Jahren aufgebaut hat, bestand auch für mich erstmalig die Möglichkeit, in die oberhalb des Weinberges gelegene Siedlung Neve Daniel zu besuchen. 
Es war schon ein besonderer Blick als ich zum ersten mal „von oben“ den Weinberg sehen konnte. Er wirkt größer als ich ihn in Realität „vor Ort“ bisher wahrgenommen habe.

der Weinberg von oben

Wir trafen dort Nethanel in seinem Haus in der Siedlung seit 2005 lebt. Nethanel der ursprünglich aus Bonn hat eine Israelin geheiratet und ist zum jüdischen Glauben konvertiert, was mehrere Jahre dauerte. Er ist nun ein Israeli und orthodoxer Jude, der als Siedler natürlich bestimmte, im Vergleich zu anderen Siedlern jedoch noch gemäßigte Positionen vertritt. Er plädierte für ein entspanntes Miteinander zwischen Siedlern und Palästinensern. Er hob hervor das ja viele Palästinenser in der Siedlung arbeiten. Sie habe vor einigen Monaten eine palästinensische Baufirma aus Hebron sein Dach ausgebaut. Andere arbeiten im Supermarkt der Siedlung.

Da dieses Argument: wir geben den Palästinensern doch Arbeit, von Siedlern häufig genannt wird, haben wir von pax christi dazu ein zum Thema Ökonomie in Siedlungen ein Infoblatt („Factsheet“) erstellt. Hier ein Auszug:

Offiziell 35 000 Palästinenser arbeiten in den israelischen Siedlungen, die vielen Arbeiter die ohne Genehmigung arbeiten nicht mitgerechnet. Bei den Arbeitsplätzen handelt es sich fast ausnahmslos um un- und angelernte Tätigkeiten im Baugewerbe, der Landwirtschaft und der verarbeitenden Industrie. (Al Haq, 2021). Viele sind gezwungen in den Siedlungen zu arbeiten da sie ihr Land an die Siedlungen verloren haben, oder es ihnen verwehrt ist, ihre Felder und Weiden in Siedlungsnähe oder im Bereich militärischer Sperrgebiete zu bewirtschaften. 

Hier ist der Link zu allen drei Factsheets

Anschließend sind wir auf den Weinberg. Daoud hatte wieder eine große Gruppe aus England zu Besuch.

der Boden ist bereitet

Heute war nach Tagen relativ kaltem und regnerischem Wetter, ein recht schöner Tag, so dass man den „frühlingserwachenden“ Weinberg besser genießen konnte. In diese schöne Stimmung passt auch die Info von Matthias Wolff , Direktor der Talitha Kumi-Schule: Es soll ein Projekt mit dem Tent of Nations starten. So Matthias Wolff

„Wir werden alle Klassen 8 (8a,b,d) also etwa 50 -60 Kinder am 3. 5. Mit nach Tent of Nations zusammen mit ihren Naturwissenschaftlichen Lehrern /und ein EK Lehrer mitnehmen. Dort werden sie eine Einführung in die Situation des Landes dort bekommen und anschließend müssen sie ein Thema aussuchen, zu dem sie eine Präsentation machen wollen: diese soll zur Landthematik, sei es aus naturwissenschaftlicher Sicht oder auch aus Geologischer Sicht sein. Die Schüler arbeiten in Gruppen, werden von den Kollegen begleitet. Das Ganze soll ca. 3 Zeitstunden dauern. Im Anschluss daran arbeiten die SuS Präsentationen aus, die dann nach 2-3- Wochen (ggfs. in Anwesenheit von Daoud und Familie) präsentiert werden solle. Soweit die Grundidee. Ich bin gespannt, wie die Premiere sein wird..“

Blick in den „Kräutergarten“

Zum Abend waren wir bei Daoud, seiner Frau Jihan und den drei Kindern in Bethlehem zum Abendessen eingeladen

Tageszitat aus „Recht ströme wie Wasser“

Die Kehrseite des Antijudaismus wurde inzwischen der Philosemitismus. Dies ist die Tendenz, Juden zu idealisieren und auf eine Stufe höherer Weisheit und Moral zu heben, eine Tendenz, die besonders für liberale Christen gilt, die sich für vergangenes oder gegenwärtiges jüdisches Leid schuldig fühlen Christliches Denken über Juden pendelt zwischen zwei unrealistischen Extremen: Juden als den Christen überlegen, Muster an Weisheit und moralischer Einsicht und Juden als minderwertig gegenüber Christen, unzuverlässig und unfähig zu einem moralischen und geistigen Leben. (Marc Ellis)

Über Marius S. 405 Artikel
Seit dem Frühjahr 2012 habe ich die Möglichkeit, mir durch längere Aufenthalte im Westjordanland/Palästina, ein eigenes Bild von der aktuellen Situation im israelisch/palästinensischen Konflikt zu machen. Ich habe in dieser Zeit unter anderem aktiv im international bekannten Friedensprojekt "Tent of Nations" in der Nähe von Bethlehem (2012) und in einem Heim für alte und behinderte Frauen in der Nähe von Ramallah (2013) gearbeitet. Darüber hinaus habe ich seit dem verschiedene Gruppen bei Begegnungsreisen in Israel, Palästina und im Herbst 2015 auch in Jordanien begleitet. In vielen Kontakten mit palästinensischen und israelischen Menschen hatte ich die Möglichkeit, deren Gefühle und Einschätzungen zum Leben und zum Konflikt zu erfahren. Durch diese Erlebnisse und Erfahrungen vor Ort bin ich motiviert worden, mich auch hier in Deutschland für eine Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinenser einzusetzen. Vor diesem Hintergrund habe ich Kontakt mit der Nahost-Kommission von pax christi aufgenommen und bin seit 2013 dort Mitglied.

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