Ein Tag im Ramadan

Am Mittwochabend (mit Sonnenuntergang) hat in der muslimischen Welt die heilige Fastenzeit der Ramadan begonnen. Er dauert bis zum Abend (Sonnenuntergang) des 21. April. Das traditionelle Fasten der Muslime richtet sich nach dem Mondkalender. Da sich das Mondjahr vom Sonnenjahr um elf Tage unterscheidet, rückt der Ramadan von Jahr zu Jahr einige Tage nach vorn.

Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang darf nichts in den Magen gelangen, also nicht gegessen und nicht getrunken werden. Nach Sonnenuntergang nehmen Muslime laut Tradition das Iftar im Kreis von Familie oder Freunden ein. Hier geht derzeit die Sonne gegen 19 Uhr unter und morgens gegen 5 Uhr auf.

Silwan am Fuße der Al Aqsa-Mosche

Ich bin zum ersten Mal in der Zeit des Ramadans hier in Israel und Palästina. Schon gestern hatte ich ja berichtet, welche große Anzahl von Gläubigen sich zum Freitagsgebet im Ramadan an der Al Aqsa-Moschee versammelt hatten.

Heute bin ich am Morgen durch die palästinensischen Stadtteile Abu Tor und Silwan gegangen. Man hat den Eindruck, dass alles gemächlicher von statten geht. Zwar wird hier und da auch gearbeitet, natürlich sind die Schulen sind geöffnet, aber es sind wenige Menschen, als sonst auf der Strasse, es ist insgesamt ruhiger habe ich den Eindruck.

Ich bin ja schon häufiger in Silwan gewesen, der Stadtteil grenzt unmittelbar an die Al Aqsa-Mosche. Hier findet seit Jahren eine Vertreibungen der palästinensischen Einwohner:innen statt. Juden erwerben Grundstücke beziehen mitten im arabischen Stadtteil Häuser, die stark gesichert werden. Immer wieder gibt es deshalb hier gewalttätige Auseinandersetzungen. 

erinnert ihr euch an mein Strassenbild von gestern in Westjerusalem?

Auch kommt es häufig dazu das Häuser abgerissen werden, da sie ohne Baugenehmigung errichtet oder auch nur ausgebaut wurden. Hintergrund ist: es gibt bei 100 Anträgen vielleicht eine Baugenehmigung.

Die Gesamtzahl der seit Anfang 2023 abgerissenen Gebäude in Jerusalem beträgt schon 38 – davon 13 Wohneinheiten und 25 Nichtwohneinheiten. Im Jahr 2022 gab es insgesamt 155 Abrisse, davon 90 von Wohneinheiten.

Siehe auch weitere Infos zu Silwan und zur Situation in Ostjerusalem, unter den Stichworten am Ende des Tagesberichtes

Vorbereitung zum Fastenbrechen „Iftar“

Heute ist Gregor Schröder, den ich von der Zusammenarbeit bei der Unterstützung des Tent of Nations kennengelernt habe, mit seiner Frau in Jerusalem eingetroffen.
Gregor ist Vorsitzender eines Vereins „Jugendinterkult“ in Bonn, der regelmäßige internationale Fahrten mit Jugendlichen, so auch nach Israel und Palästina organisiert.  Mit Gregor werde ich in den nächsten Tagen einige Termine gemeinsam wahrnehmen. So waren wir heute von dem Busfahrer seiner Gruppenreisen, Husan, zum traditionellen Fastenbrechen „Iftar“ eingeladen. So hatte ich also die besondere Möglichkeit, nach dem jüdischen Schabbat-Essen gleich heute an dieser muslimischen Tradition teilzunehmen. Um es vorweg zu nehmen, es gibt so gut wie keine Rituale, wenn man davon absieht, dass die Anfangszeit genau festliegt. Hier in Jerusalem gibt es einen Böller gegen 19 Uhr und schon ruft der Hausherr zu Tisch. Mit zu Tisch waren Husans Frau, seine älteste Tochter, und zwei weitere Kinder. Der Tisch stand voll von leckeren arabischen Speisen. Auch Datteln gehören traditionell dazu.

viele leckeren Speisen

Während wir ganz normal aßen, stellte ich fest, dass unsere gastgebende Familie eher wenig zu sich nahm. Auf meine Frage, wie das denn kommt, wurde erklärt, dass nach einem Tag Enthaltsamkeit, es nicht so gut ist, sich direkt zu viel einzuverleiben. Man isst also in Ruhe bis zum schlafen gehen. Gegen 4 Uhr am Morgen steht man dann auf um ein kleines Frühstück zu sich zu nehmen. Anschließend legt man sich nochmal hin, bis man Aufstehen muss um rechtzeitig zur Arbeit oder zur Schule zu kommen. Im Gegensatz zum Schabbat-Essen, welches in ziemlicher Ruhe von statten geht, lief hier der Fernseher (wenn auch mit ausgeschaltetem Ton) und überhaupt war die Tischgemeinschaft nur kurz zuammen, dann saßen wir drei Gäste alleine am Tisch

Tageszitat aus „Recht ströme wie Wasser“

Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft geführt habe. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. (Ex 20,2-3)

Über Marius S. 405 Artikel
Seit dem Frühjahr 2012 habe ich die Möglichkeit, mir durch längere Aufenthalte im Westjordanland/Palästina, ein eigenes Bild von der aktuellen Situation im israelisch/palästinensischen Konflikt zu machen. Ich habe in dieser Zeit unter anderem aktiv im international bekannten Friedensprojekt "Tent of Nations" in der Nähe von Bethlehem (2012) und in einem Heim für alte und behinderte Frauen in der Nähe von Ramallah (2013) gearbeitet. Darüber hinaus habe ich seit dem verschiedene Gruppen bei Begegnungsreisen in Israel, Palästina und im Herbst 2015 auch in Jordanien begleitet. In vielen Kontakten mit palästinensischen und israelischen Menschen hatte ich die Möglichkeit, deren Gefühle und Einschätzungen zum Leben und zum Konflikt zu erfahren. Durch diese Erlebnisse und Erfahrungen vor Ort bin ich motiviert worden, mich auch hier in Deutschland für eine Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinenser einzusetzen. Vor diesem Hintergrund habe ich Kontakt mit der Nahost-Kommission von pax christi aufgenommen und bin seit 2013 dort Mitglied.

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