Jerusalem – Stadt der Gegensätze

Die verschiedenen Religionen prägen nicht nur die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen der Pilger und Beter in dieser heiligen Stadt Jerusalem, auch durch die wöchentlichen Feier- und Sonntage wird das gesellschaftliche Leben in dieser Stadt stark geprägt und beeinflusst. So waren heute alle jüdischen Geschäfte am Schabbat geschlossen, es fuhr keine Bahn und kein Bus. Bei den Moslems, die gestern am Freitag ihren wöchentlichen Feiertag hatten, wurde heute gearbeitet, und natürlich fuhren auch alle Busse. Morgen am christlichen Sonntag beginnt für die Juden wieder die Arbeitswoche, sind deren Geschäfte geöffnet, nur die wenigen christlichen Geschäfte bleiben zu. Wenn man eine Reise plant muss man für das Programm diese verschiedenen Feiertage in der Woche mit ihren „Konsequenzen“, was z.B. Öffnungszeiten angeht, mit einkalkulieren.

Jerusalem Altstadt: Am Jaffa-Tor

Deshalb sind wir auch erst heute wieder zur Altstadt, weil der große Andrang der gestern wegen des Freitagsgebetes der Moslem in der Altstadt herrschte, wo zehntausende Muslime zum Tempelberg strömen, um dort in und an der Al Aqsa- Moschee zu beten, die Besichtigung der heiligen Stätten und Wege doch sehr beeinträchtigt hätte.
Mit Hassan unserem Guide, sind wir den Weg durch die Altstadt gegangen, den Jesus nach seiner Verurteilung auf sich genommen hat: der Kreuzweg mit seinen 14 Stationen. Im Anschluss haben wir den Saal besichtigt wo Jesus vor seinem Kreuzgang mit den 12 Jüngern das letzte Abendmahl gefeiert hatte und in dem die Jünger sich nach Tod und Auferstehung versammelten wo ihnen auch jesus mehrmals erschienen sein soll.
Um 11.00 Uhr hatten wir ein Gespräch mit Pater Matthias, einem deutschen Benediktiner, der im Kloster Dormitio auf dem Zionsberg lebt und arbeitet. Er hat uns einiges zum Klosterleben und zu den Aufgabe erzählt, die sich für den Konvent in der besonderen Situation hier in Jerusalem, in der „Nahtstelle“ zwischen Israel und Palästina ergeben. Das Kloster bietet sich mit seinen Räumlichkeiten als neutraler Ort für Gespräche, Konzerte und anderer Aktivitäten an, bei dem sich Moslems und Juden, Israelis und Palästinenser begegnen können. Die Mönche verstehen dieses Angebot als kleinen Beitrag der die zum Frieden zwischen den streitenden Völkern führen soll.
Anmerkung: Zum Dormitio-Kloster habe ich in der Kopfzeile einen eigenen Text geschrieben; siehe auch den Text: Friedensgebete

Blick auf das Dormitio-Kloster

Zum Mittag haben wir uns von Hassan, unserem Guide verabschiedet, der noch heute eine andere Gruppe übernimmt. Hassan, Palästinenser aus Jenin hatte es sicherlich nicht so einfach mit unserer Gruppe, haben wir doch mit Programmpunkten wie Besuch bei den Siedlern in Bet El oder den Soldaten an der libanesischen Grenze ihn, als Palästinenser mehr als herausgefordert.
Am Nachmittag gab es 4 Stunden freie Zeit für die Gruppe die sehr unterschiedlich genutzt wurde. Ich bin mit einigen in das palästinensische Viertel gegangen wo wir uns in dem wunderschönen Garten des American-Colony-Hotel einen arabischen Mokka gegönnt haben.
Ganz vergessen habe ich zu erwähnen das unsere Fahrt von Bethlehem nach Jerusalem und zurück immer durch die Mauer führt, für uns als deutsche Gruppen ein relativ einfaches Unterfangen, für die wenigen Palästinenser aus Bethlehem die eine Arbeitserlaubnis für Jerusalem haben eine tägliche Tortur. Oft steht man/Frau schon um 3.00 Uhr in der Frühe an, die Grenze öffnet um 5.00 Uhr, damit man die Arbeit um 7.00 Uhr pünktlich erreicht. Ein oft demütigendes und zermürbendes tägliches Verfahren für die Grenzgänger .

Macht hoch die Tür die Tor macht weit: Checkpoint nach Bethlehem
Über Marius S. 405 Artikel
Seit dem Frühjahr 2012 habe ich die Möglichkeit, mir durch längere Aufenthalte im Westjordanland/Palästina, ein eigenes Bild von der aktuellen Situation im israelisch/palästinensischen Konflikt zu machen. Ich habe in dieser Zeit unter anderem aktiv im international bekannten Friedensprojekt "Tent of Nations" in der Nähe von Bethlehem (2012) und in einem Heim für alte und behinderte Frauen in der Nähe von Ramallah (2013) gearbeitet. Darüber hinaus habe ich seit dem verschiedene Gruppen bei Begegnungsreisen in Israel, Palästina und im Herbst 2015 auch in Jordanien begleitet. In vielen Kontakten mit palästinensischen und israelischen Menschen hatte ich die Möglichkeit, deren Gefühle und Einschätzungen zum Leben und zum Konflikt zu erfahren. Durch diese Erlebnisse und Erfahrungen vor Ort bin ich motiviert worden, mich auch hier in Deutschland für eine Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinenser einzusetzen. Vor diesem Hintergrund habe ich Kontakt mit der Nahost-Kommission von pax christi aufgenommen und bin seit 2013 dort Mitglied.