Jerusalem, die „heilige“ Stadt zwischen Hoffen und Bangen

Heute war der erste Tag von zwei vorgesehen Tagen, in dem wir einige der wichtigen und markanten Sehenswürdigkeiten von Jerusalem, der „heiligen“ Stadt für die großen drei Weltreligionen in den Blick nehmen wollten.
Wir begannen unseren Tag mit einem Blick vom Turm der evangelischen Himmelfahrtskirche, (Jerusalems höchster Punkt, Noah und David haben 273 Stufen gezählt), von dem man auf die ganze Stadt aber auch in die Wüste bis an tote Meer schauen kann.

Blick vom Ölberg auf die Altstadt mit dem dem „Wunderwerk“ Felsendom

Anschließend sind wir zu Fuß den Ölberg hinab bis zum Garten Gethsemane in dem Jesus die letzten Stunden vor seiner Gefangennahme verbracht haben soll. In diesem Garten sind noch uralte, verknöcherte Olivenbäume zu sehen die noch aus der Zeit Jesu, also 200 Jahre alt sind.
Anschließend haben wir –mal wieder- eine etwas außergewöhnlichen Programmpunkt unternommen: den Besuch des zentralen Jerusalem-Marktes der für viele Jerusalemer Juden die hervorragende Möglichkeit bietet alles das zu kaufen was man für den Schabbat benötigt. Für uns Besucher/innen ein Augen-,Nasen- und Ohrenschmaus. Ich kenne keinen Markt der eine solche Vielfalt an Lebensmittel, aber auch so unterschiedlich gekleidete Besucher/innen vorhält. Ein großartiges Erlebnis. Zum Schluss fuhr die Gruppe mit der im letzten Jahr erst neu eröffneten einzigen Straßenbahnlinie zur Altstadt zurück.

Ein Fest für alle Sinne

Hier ging es dann mit tausenden anderen Pilger/innen zu einem der zentralen Stellen in der Altstadt: der Grabeskirche. In dem riesigen Gebäude sollen sowohl die Stelle an dem Jesus gekreuzigt wurde (die Anhöhe Golgatha) als auch die Grabeshöhle befinden. Es herrschte, wie wohl immer hier an diesem heiligen Ort, ein unheiliger Andrang. Ich bin immer wieder erstaunt, dass doch noch viele Besucher ganz ergriffen von diesem Ort sind, für mich ist er eher abschreckend.
Zum Schluss des Tages sind wir dann zur Westmauer des Tempelberges gegangen, dem heiligen Ort der Juden. Hier waren wir beeindruckte Zeugen wie hunderte von betenden, tanzenden und singenden Juden den Beginn des Schabbat (mit Sonnenuntergang) begangen.

Eine Bemerkung am Rande: Wir wurden alle beim Eintritt auf den Vorplatz zur Westmauer kontrolliert (wie es auf einem Flughafen auch üblich ist), einer unserer Gruppe hatte ein Klappmesser dabei (wenn er mal einen Apfel schälen will), das Messer wurde ihm abgenommen mit der Bemerkung das es nicht nur an diesem heiligen Ort nicht mitgeführt werden darf, sondern in ganz Israel sei das eine Gefahr für die Sicherheit. Wir als vielleicht naive Besucher aus Deutschland fragen uns schon wie es jedem israelischen Soldaten, aber auch Menschen in Zivil möglich ist, große Maschinengewehre mit sich zu führen, aber ein kleines Klappmesser gefährdet wohl ist wohl mehr Sicherheit in Israel.
Mein Fazit für diesen Tag, es könnte doch alles so friedlich zwischen den Religionen, wenn jeder und jede dem Andersgläubigen seine Freiheit, aber auch seinen heiligen Ort gönnen würde, und nicht immer wieder zum Ausdruck bringt das nur seine Religion die „einzig seligmachende“ ist. Aber leider ist das nur ein frommer Wunsch, wie es schon die Situation in der christlichen Grabeskirche zeigt, wo sich häufig die dort befindlichen sechs christlichen Glaubensgruppen immer mal wieder streiten …um Nichtigkeiten.

Über Marius S. 405 Artikel
Seit dem Frühjahr 2012 habe ich die Möglichkeit, mir durch längere Aufenthalte im Westjordanland/Palästina, ein eigenes Bild von der aktuellen Situation im israelisch/palästinensischen Konflikt zu machen. Ich habe in dieser Zeit unter anderem aktiv im international bekannten Friedensprojekt "Tent of Nations" in der Nähe von Bethlehem (2012) und in einem Heim für alte und behinderte Frauen in der Nähe von Ramallah (2013) gearbeitet. Darüber hinaus habe ich seit dem verschiedene Gruppen bei Begegnungsreisen in Israel, Palästina und im Herbst 2015 auch in Jordanien begleitet. In vielen Kontakten mit palästinensischen und israelischen Menschen hatte ich die Möglichkeit, deren Gefühle und Einschätzungen zum Leben und zum Konflikt zu erfahren. Durch diese Erlebnisse und Erfahrungen vor Ort bin ich motiviert worden, mich auch hier in Deutschland für eine Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinenser einzusetzen. Vor diesem Hintergrund habe ich Kontakt mit der Nahost-Kommission von pax christi aufgenommen und bin seit 2013 dort Mitglied.

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