Wachturm am Damaskustor

Ich hatte es schon vor einer Woche bei meiner Ankunft gleich gesehen und es auch schon zu Hause in den Infos gelesen: Die israelischen Behörden haben vor einigen Wochen begonnen am Damaskustor, dem Eingang zum muslimischen Viertel des besetzten Ost-Jerusalem, mehrere Wachttürme zu errichten. Waren es bisher eher behelfsmäßige Unterstände in denen die Polizisten/Soldaten sich aufhielten sind es nun festen Unterstände, die den Gesamteindruck der Altstadt als einer militärischen Bastion – statt einer „heiligen Stadt“- eher verstärken.

der Neue Wachturm am Damaskustor

 

Kontrollen rund um die Uhr durch israelische Soldaten sind in der Altstadt Ost-Jerusalems schon jetzt an der Tagesordnung.  Viele Anwohner befürchten nun, dass die Wachtürme Teil eines Checkpoints mit streng kontrollierten Zugängen werden könnte. Außerdem wurde die Zahl der Überwachungskameras in der Altstadt und in der Umgebung der Altstadt erheblich ausgeweitet. Damit reagiert Israel offensichtlich auf Unruhen und Angriffe auf israelische Soldaten, mit denen wiederum Palästinenser seit Herbst 2015 auf die sich ständig verschlechternde Lage in Ost-Jerusalem reagieren. Ministerpräsident Netanyahu hatte wohl bereits im Juni 2017 eindeutig das Ziel der israelischen Aktivitäten formuliert: Das Quartier um das Damaskustor solle ein „steriles Gebiet“ werden – das bedeutet wohl lückenlose Kontrolle. Diese Maßnahmen sind wohl Teil der Strategie, den Druck auf die palästinensische Bevölkerung zu intensivieren. Dazu gehören auch: Entziehung der Aufenthaltserlaubnis oder die Hauszerstörungen in Ost-Jerusalem.
Derzeit leben rund 300.000 Palästinenser in dem von Israel unter Verstoß gegen das Völkerrecht seit dem „Sechs-Tage-Krieg“ 1967 annektierten Ost-Jerusalem, die darauf angewiesen sind, von den israelischen Behörden ein Daueraufenthaltsrecht eingeräumt zu bekommen. Sie sind keine Staatsbürger Israels und in ihrem eigenen Gebiet weitgehend ohne wirksame Rechte. Derzeit ist in der israelischen Knesset ein Gesetzesentwurf in der parlamentarischen Diskussion mit dem in Ost-Jerusalem lebenden Palästinensern bei Fehlverhalten, die das israelische Innenministerium ohne gerichtliche Kontrollmöglichkeit als „Treuebruch“ definiert, fortan noch leichter das Daueraufenthaltsrecht entzogen werden. Ohne ein solches Ausweisdokument sind sie rechtlos und müssen Ost-Jerusalem verlassen.

das palästinensische Sheikh-Jarrah-Viertel
im Hintergrund der Protestgrund: jüdische Wohn- und Bürobauten

Heute bin ich etwas „um den Block“ gegangen. Das schöne Hotel liegt ja im Zentrum des muslimischen Ost-Jerusalem, allerdings ist es gerade hier am Hotel erkennbar wie sich die israelische Besatzung „auswirkt“. Vis a vis des American Colony Hotels haben sich mächtige israelisch-jüdische Hotel-Komplexe breit gemacht. Hierzu wurde Grund und Boden aus palästinensischem Besitz genommen. Seit Jahren gibt es gerade in diesem Stadtteil massive Proteste gegen diesen „Landraub“, letztlich aber ohne Erfolg. Wenn man dann sieht wie manche Gebäude regelrecht „verbarrikadiert“ sind, fragt man sich als kritischer Besucher schon, wie es sich anfühlt etwas zu erzwingen, was aber eben von allen Nachbarn links und rechts nicht erwünscht wird.

Es ist Schulschluss

In diesem Viertel sind viele Schulen angesiedelt, immer schön nach Girls und Boy`s getrennt. Wenn dann um die Mittagszeit Schulschluss ist und alle Kinder über die Straßen „strömen“, kriegt man eine Ahnung was hinter der die Meldung von heute in der (linken) israelischen Zeitung „Haaretz“ steht, das die Zahl der arabischen (Palästinensischen) Bewohner in der gesamten Region (Israel, Gaza und Westbank) bereits eine Mehrheit vor den israelischen Juden hat. Hierzu auch ein Artikel der am 6 Januar in der Süddeutschen Zeitung erschienen ist.

Frühstück in wunderbarer Umgebung

 

Ich möchte aber zum Schluss meines Tagesberichtes auch kurz auf meine derzeitige (besondere) Unterkunft eingehen. Das Zimmer ist sehr schön aber nicht „pompös“, eher ganz arabisch, stilvoll gestaltet. Im ganzen Haus sind alte schwarz-weiß Aufnahmen aus Jerusalem und dem ganzen Palästina, aus der Zeit Anfang letzten Jahrhunderts, zu sehen. Auf unserer (dritten) Etage werden vor allem Bilder von Edmund Allenby, dem britischen Feldmarschall zur Zeit des ersten Weltkrieges, in dieser Region, gezeigt. Ein Höhepunkt für mich…das Frühstück. Welch eine Auswahl an Früchten und frisch gepressten Säften. Zum ersten Mal habe ich heute von einer Kaktusfrucht probiert. Wir konnten in dem herrlichen Innenhof frühstücken, wo ein wunderbarer Duft der dortigen Blüten und das Gezwitscher vieler Vögel unser Frühstück „versüßten“. Ich wurde gerne allen Menschen die ich kenne, einmal ein solches Erlebnis (für alle Sinne) wünschen.

 

Über Marius S. 405 Artikel
Seit dem Frühjahr 2012 habe ich die Möglichkeit, mir durch längere Aufenthalte im Westjordanland/Palästina, ein eigenes Bild von der aktuellen Situation im israelisch/palästinensischen Konflikt zu machen. Ich habe in dieser Zeit unter anderem aktiv im international bekannten Friedensprojekt "Tent of Nations" in der Nähe von Bethlehem (2012) und in einem Heim für alte und behinderte Frauen in der Nähe von Ramallah (2013) gearbeitet. Darüber hinaus habe ich seit dem verschiedene Gruppen bei Begegnungsreisen in Israel, Palästina und im Herbst 2015 auch in Jordanien begleitet. In vielen Kontakten mit palästinensischen und israelischen Menschen hatte ich die Möglichkeit, deren Gefühle und Einschätzungen zum Leben und zum Konflikt zu erfahren. Durch diese Erlebnisse und Erfahrungen vor Ort bin ich motiviert worden, mich auch hier in Deutschland für eine Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinenser einzusetzen. Vor diesem Hintergrund habe ich Kontakt mit der Nahost-Kommission von pax christi aufgenommen und bin seit 2013 dort Mitglied.

2 Kommentare

  1. Sie machen sich Ihre Gesetze so wie Sie sie brauchen, um möglichst viele Palästinenser zu vertreiben. Demographisch haben die Israelis bereits verloren und das wissen sie.
    Irgendwann wird es hoffentlich Gerechtigkeit für die Palästinenser geben und die Vertreibung ein Ende haben.

  2. Ich würde gerne das Aphorismen-Buch „Recht ströme wie Wasser“ allen(!) Schulen als Pflichtlektüre empfehlen……… genug Stoff für Diskussionen!

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