Schon immer hat mich die Emmausgeschichte, die am zweiten Ostertag im Evangelium vorgelesen wird, sehr interessiert. Gerade der in der Überschrift benannte Ausspruch hat mich emitional sehr berührt, ja er löst bei mir so etwas wie Sehnsuchts- und Schutzgefühle nach Jesus dem auferstandenen Erlöser aus. In den früheren Jahren, wo meine Kinder noch klein waren, haben wir mit anderen Familien unserer Kirchengemeinde am Ostermontag einen „Emmausgang“ durchgeführt. Wir sind dann nach dem Gottesdienst in die Parks in der Umgebung gezogen. Es war immer ein schönes Gemeinschaftserlebnis.
Ich hatte im Vorfeld meines Aufenthaltes hier an Ostern davon gehört, dass es seit Jahrzehnten Tradition ist, dass sich Christen am 2. Ostertag von Jerusalem auf den Weg nach Emmaus machen, um dabei ein wenig der Geschichte der Jünger nachzuspüren die vor 2000 jahren diesen Weg gegangen sein sollen. Klar war für mich von Anfang an, dass ich dabei sein wollte. Nun gibt es hier insgesamt drei Orte mit Namen Emmaus. Alle beanspruchen für sich „das“ Emmaus zu sein. Wie dem auch sei, die traditionelle Wanderung findet nach Emmaus in Qubeibaeh statt, dem Ort wo ich vor einem Jahr 8 Wochen gearbeitet und in der letzten Woche wieder besucht habe.
Heute am Ostermontag traf sich um 9.30 Uhr eine große Gruppe von mehr als 150 Menschen am Jaffa-Tor, Christen aus vielen Ländern, die teils hier zu Besuch sind, hier als Volontäre tätig sind oder in festen Arbeitsverhältnissen stehen. Mit dabei waren einige Personen die ich kannte, so Clare sie Stationsschwester von Beit Emmaus oder auch Pater Matthias vom Dormitio-Kloster. Andere lernte man bei dem insgesamt 4 ½ stündigen Gang über ca. 18 km ein wenig kennen. So hatte ich u.a. die Gelegenheit mit der Leiterin des Vertretungsbüros in Ramallah Barbara Wolf, die für mich überraschend auch an dieser Wanderung teilnahm, ein wenig zu plaudern.
Bevor sich die Gruppe gegen 9.45 auf dem Weg machte gab Pater Gregorius von den Jerusalemer Franziskanern kurze organisatorische Hinweise und erzählte kurz die Texte aus dem Lukas-Evangelium die der Geschichte von den Emmaus Jüngern vorangeht. Vom Jaffa-Tor ging es quer durch die Geschäftsstraße von Jerusalem, die aber heute menschenleer war da die Juden zum Abschluss des einwöchigen Passahfestes nochmal einen Festtag hatten, an dem wie am Sabbat kein ÖPNV fährt und wo es viele Juden zum Beten an die Westmauer zieht. Nach ca. 2 km verließen wir die Straße und wanderten mit herrlichen Ausblicken in ein wunderschönes Tal. Vorbei an alten Ruinen eines verlassenen Dorfes, an Schafs- und Ziegenherden zog sich das „lange Band“ der Christen auf den Spuren der Emmaus Jünger. Immer wieder dachte ich daran wie es wohl damals, vor 2000 Jahren gewesen sein mag. Der Gedanke dass damals die gleiche Jahreszeit mit einer ähnlichen Vegetation herrschte beflügelte bei mir die Vorstellungskraft.
Gegen 12.30 Uhr machte die große Gruppe eine ausgedehnte Mittagspause und es ergab ein schönes Bild wie sich kleine und große Gruppen um schattenspendende Bäume bildeten. Nachdem es vor der Pause meist ins Tal bergab ging, musste die Gruppe nun stetig den Berg hinauf. Gegen 14.00 Uhr schließlich kamen wir an einen Checkpoint.
Hier erfuhren wir dass für unsere Gruppe eine Ausnahmegenehmigung erwirkt wurde, normalerweise dürfen hier nur Menschen aus dem nahegelegenen palästinensischen Dorf passieren. Natürlich musste ich daran denken, dass es möglicherweise -je nach Situation- keinen Gang nach Emmaus geben wird, so wie der Bau der Mauer in Ostjerusalem, den Gang auf dem uralten Weg von Jerusalem nach Jericho verhindert.
Nun kamen wir nach Biddu, dem Nachbarort von Qubeibaeh. Hier kannte ich mich dann schon aus. Vielen Palästinenser standen am Straßenrand, auf ihren Dachterrassen und Balkonen, guckten freundlich oder winkten uns zu. In Qubeibaeh musste sich die Gruppe auf der noch nicht asphaltierten staubigen Schotterpiste den Weg zwischen dem starken Autoverkehr bis zum Eingangstor zu Beit Emmaus suchen. Aber dann waren wir angekommen, in diesem herrlichen Park, Schwester Hildegard empfing die Gäste mit aller Herzlichkeit die ihr zu eigen ist.
Auf dem großen Außengelände hatte Abbu Majed mit seinen HelferInnen leckere arabische Speisen und vor allem kühle Getränke, aber auch Kaffee und Tee gerichtet, die sich die doch nun müden WanderInnen dankbar schmecken ließen.
Nach einer kleinen Pause wurde alles für den abschließenden Gottesdienst gerichtet, der dann auch bald mit dem schönen Lied „Gehet nicht auf in den Sorgen dieser Welt“ begann. Das besondere an diesem Gottesdienst bei untergehender Sonne war, dass die Lieder und Messtexte in unterschiedlichen Sprachen gesungen bzw. vorgetragen wurden. Bei den Fürbitten, die frei gesprochen wurde, wurden Bitten in insgesamt 5 verschiedene Sprachen formuliert. Mit dem mir nicht bekannten, aber sehr schönen Lied: „Die Sonne neigt zur Erde sich, schon bricht der Abend an“, endete der sehr schöne Gottesdienst.
Anschließend ging es zu drei Bussen die uns in einer dreiviertel Stunde an den Ausgangspunkt unserer Wanderung, das Jaffa-Tor zurückbrachten. Alles in allem war dieser Tag für alle TeilnehmerInnen eine wirklich schöne und in die Tiefe gehende österliche Erfahrung.
Hallo Marius,
als erstes habe ich mir deinen Bericht zur Emmaus Wanderung angesehen. Wirklich sehr berührend diese Verbindung zwischen biblischen Quellen und „Jetztzeit“ und das kombiniert mit Natur und Kontakt zur Bevölkerung..wäre gern dabei gewesen
Sehr schön, und weiterhin alles Gute
Grüsse aus Leverkusen
Thomas