Gastbeitrag von Karim: Anreise nach Palästina bzw. Israel

Meine lieben Blog-Leser/innen. Vor einigen Monaten habe ich bei Veranstaltungen, die ich mit der VHS in Neuss zum Thema Nahost organisiert habe, eine Familie aus Moers kennengelernt. Der Vater ist Palästinenser, geboren in der Nähe von Nablus, er hat in Deutschland Medizin studiert, eine deutsche Frau geheiratet und beide haben einen Sohn Karim, 12 Jahre alt, er hat sowohl die deutsche als auch die palästinensische Staatsangehörigkeit. Die Familie war auch über Ostern in Palästina zu Besuch, zunächst in Nablus, dort habe ich sie das Erste Mal getroffen. Nachfolgend kommt der Bericht von Karim über die schwierige Anreise mi seiner Familie nach Palästina. Während wir als Deutsche von Deutschland nach Tel Aviv fliegen dürfen und spätestens nach 6 Stunden in Bethlehem/Palästina sind, müssen alle Palästinenser (da es in Palästina keinen Flughafen gibt/geben darf!!) über das Nachbarland Jordanien anreisen.

Blick auf Jericho, im Hintergrund das Jordantal und Jordanien
Blick auf Jericho, im Hintergrund das Jordantal und Jordanien

Der Flughafen der Hauptstadt Amman liegt zwar nicht mehr als 60-70 km von Bethlehem/Jerusalem entfernt, aber die oftmals schikanösen Umstände der Grenzkontrollen haben zur Folge, dass sich der Transfer von Jordanien nach Palästina vielfach über einen ganzen Tag hinzieht. Für alte und gebrechliche Menschen kann die Grenzpassage eine wahre Tortur bedeuten. Zwischen den beiden Kontrollstellen ist „Niemandsland“, mit einer Distanz von mehreren Kilometern.

Die Fakten: Die Allenby-/King Hussein-Brücke, 57 km außerhalb von Amman im südlichen Jordantal gelegen, ist einer von drei Grenzstellen zwischen Israel (Palästina) und Jordanien. Geöffnet: Sonntags bis Donnerstags 8:00 Uhr – 20:00 Uhr für die Einreise und 8:00 Uhr – 14:00 Uhr für die Ausreise sowie freitags und samstags von 8:00 Uhr – 13:00 Uhr.

 

 Es folgt nun der Bericht von Karim:

Zu aller erst möchte ich klar machen dass ich weder auf Israelischer noch auf Palästinensischer Seite stehe. Aber ich kann nur aus palästinensischer Sichtweise schreiben, weil ich nicht wie ein Israeli einreisen kann. Palästinenser mit einer Identitätskarte sind gezwungen über das Nachbarland Jordanien einzureisen, da sie den Flughafen Tel Aviv nicht betreten dürfen. Wir haben einen Flug über Paris nach Amman genommen damit wir nicht nachts ankommen.

In Düsseldorf konnten wir bei der Flughafenkontrolle durchgehen und dann in den Flieger spazieren. Der Flug hatte Verspätung, aber man ist ja noch entspannt, also warten wir. Eine Stunde Flug nach Paris und anschließend warten wir 3 und eine halbe Stunde in einem Aufenthaltsraum. Unsere Nerven sind angespannt, vom langen warten. Das Flughafenessen kostet  mehr als woanders. Dann geht es endlich in das Flugzeug.

Der Flug dauerte 41/2 Stunde, die Nerven entspannen sich, weil wir die Zeit genutzt haben, um zu Schlafen. In Amman werden wir wieder kontrolliert, danach gehen wir aus dem Flughafen und suchen uns ein Taxi, das uns zum Hotel fährt. Im Hotel haben wir eine Nacht übernachtet weil die Grenze zwischen Jordanien und Palästina bzw. Israel nicht immer geöffnet hat. Am nächsten Morgen sind wir mit einem weiteren Taxi zur Grenze gefahren.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/df/Allenby_Bridge%28King_Hussein_Bridge%29_2009.jpg

 

An der Grenze sind wir kontrolliert worden und meine Mutter bekam eine Sondererlaubnis, damit sie als Deutsche mit im „Araberbus“ fahren darf. Der Bus fuhr ein paar Meter dann mussten wir warten weil mehrere Busse vor uns waren. Die Pilger aus Mekka, die Omra gemacht haben, sind an diesem Tag zurückgekommen. Nach 1 Stunde sind wir dann ein bisschen weitergefahren. Plötzlich mussten wir alle aus dem Bus aussteigen, dann wieder einsteigen, ohne dass die israelischen Soldatinnen etwas gemacht haben. Wir sind also weiter über die Allenby Brücke gefahren und danach am  israelischen Kontrollpunkt bei Jericho angekommen. Dort wurde unser Gepäck rausgeschmissen und wir  mussten unsere Sachen  zusammensuchen und uns an einem Schalter anstellen, während wir beobachten konnten, wie das Gepäck der Touristen, die mit uns gereist waren, sorgfältig aufgestapelt wurde. Wir haben einen Zettel für den anderen Schalter bekommen, wo wir uns natürlich noch mal anstellen mussten. Nach diesem Schalter sind wir ins Innere des Terminals gekommen, dort mussten wir uns an einer riesen Schlange anstellen und unser Handgepäck wurde noch mal durchleuchtet. Dabei ging fast die Tasche meines Vaters verloren. Wir sind weitergelaufen und haben uns nochmals kontrollieren lassen. Meine Mutter hat als deutsche Staatsbürgerin  eine Aufenthaltsberechtigung für Jerusalem bekommen. Wir bekamen zunächst auch ein Visum und die Freude war groß, weil wir bisher noch nie ein Visum bekommen haben. Aber ein Schalter danach wurde uns das Visum wieder abgenommen und in den Papierkorb geworfen. Dann haben wir unser Gepäck zusammen gesucht und sind  mit einem Taxi nach Nablus in den Norden von Palästina gefahren. Von hier aus schreibe ich auch.

 

                          

                                                                                                                                                                

Über Marius S. 405 Artikel
Seit dem Frühjahr 2012 habe ich die Möglichkeit, mir durch längere Aufenthalte im Westjordanland/Palästina, ein eigenes Bild von der aktuellen Situation im israelisch/palästinensischen Konflikt zu machen. Ich habe in dieser Zeit unter anderem aktiv im international bekannten Friedensprojekt "Tent of Nations" in der Nähe von Bethlehem (2012) und in einem Heim für alte und behinderte Frauen in der Nähe von Ramallah (2013) gearbeitet. Darüber hinaus habe ich seit dem verschiedene Gruppen bei Begegnungsreisen in Israel, Palästina und im Herbst 2015 auch in Jordanien begleitet. In vielen Kontakten mit palästinensischen und israelischen Menschen hatte ich die Möglichkeit, deren Gefühle und Einschätzungen zum Leben und zum Konflikt zu erfahren. Durch diese Erlebnisse und Erfahrungen vor Ort bin ich motiviert worden, mich auch hier in Deutschland für eine Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinenser einzusetzen. Vor diesem Hintergrund habe ich Kontakt mit der Nahost-Kommission von pax christi aufgenommen und bin seit 2013 dort Mitglied.

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