Checkpoints

Um von Israel ins Westjordanland oder nach Gaza zu kommen muss man einen der über 50 Checkpoints passieren. Das ist in der Regel für Menschen wie mich mit internationalem Pass, aber auch für die palästinensischen Bewohner/innen relativ einfach.  Es gibt selten eine Kontrolle, man kann ohne Halt mit dem PKW, dem Bus durchfahren bzw. zu Fuß durch die Grenzanlage gehen.

Eintritt und Austritt am Checkpoint in Bethlehem

Völlig anders sieht es jedoch aus wenn man aus den palästinensischen Gebieten nach Israel einreisen will. Grundsätzlich haben die Menschen mit internationalen Pässen (Touristen, Mitarbeiter der NGO`s, aber auch Volontäre wie ich) wenige Probleme den Checkpoint zu passieren.

In diesem Käfigartigen Gang herrscht am Morgen oft beängstigende Enge

Die Bewohner vom Westjordanland und dem Gazastreifen benötigen aber für  die Passage einen Ausweis, einen sogenannten „Permit“ der zur einmaligen Grenzübertritt berechtigt (z.B. bei Arztbesuchen, Todesfällen etc.) oder als Erlaubnis für ein mehrmaliges Passieren gedacht ist (vor allem zur Arbeit in Israel, aber auch z.B. für Christen in der Zeit der hohen kirchlichen Festtagen).  Insgesamt werden die Erlaubnisse, so meinen die Palästinenser, durch die Israelischen Behörden recht willkürlich vergeben, wobei es  „ungeschriebene“ grundsätzliche „Rahmenbedingungen“ gibt: so haben Ältere (ab 30 Jahre), und verheiratete Menschen  bessere Chancen. Grundsätzlich aber gilt, dass die Entscheidungen oft willkürlich, und bei Ablehnung für die Betroffenen nicht

nachvollziehbar, und schon gar nicht einklagbar.

Touristen und alte u behinderte Palästinenser haben einen eigenen „Käfiggang“

Hat Mann/Frau dann eine solche Erlaubnis ist der Weg nach Israel zwar offen, aber bevor man tatsächlich den Boden von Israel betreten kann sind besagt Checkpoints oft noch ein großes, manchmal ein zu großes Hindernis.  Grundsätzlich gilt das die Bewohner der pal. Gebiete in der Regel den Checkpoint nur zu Fuß passieren dürfen. Dabei müssen sie sich  einer Kontrolle unterziehen die den Kontrollen ähnelt die wir vom Flughafen her kennen. Nach diesen Kontrollen zeigt man seinen „Passierschein“, der von den Wachhabenden kontrolliert wird. Allzu oft passiert es dann, so berichten mir Palästinenser, aber auch die neutralen Checkpoint-Beobachter, dass die Menschen, nach dem sie oft Stunden gewartet haben, zurückgeschickt werden, meist ohne nachvollziehbare Begründung. Man hat dann nur die Möglichkeit bei der israelischen Behörde nachzufragen. Das diese häufig sehr umständliche Procedere des Grenzübertritts, meist „garniert“ mit gelangweiltem Wachpersonal oft zu Aggressionen bei den betroffenen Menschen führt, kann ich, der häufig auch selbst zu Fuß durch die Grenzanlagen gegangen bin, gut verstehen. Selbst bei Krankheitsfällen, wo oft eine schnelle Passage „lebensnotwendig“ ist, geht es in der Regel nicht schneller. Schwerkranke müssen von einem Krankentransporter in einen anderen „umgeladen“ werden. Da ist es schon mehr als einmal vorgekommen, dass für die „Sicherheit“ auch schon Mal der Verlust eines Menschenleben vom israelischen Wachpersonal  billigend „in Kauf“ genommen wird. 

Checkpoint bei Qualandya

Es gibt, wie ich schon an anderer Stelle geschrieben habe (siehe meinen Blog „viele Wege führen nach Bethlehem/Beit Jala“) sehr unterschiedliche Checkpoints. Da gibt es zum einen die großen Grenzanlagen zwischen Jerusalem und Bethlehem (Checkpoint 300 ) oder Ramallah (Qualandya) an denen täglich bis zu 15.000 Menschen die Grenze passieren wollen. Hier kommt es vor allem in den Morgenstunden zu langen Wartezeiten. Häufig stehen die ersten schon um 4.00 Uhr morgens an um rechtzeitig um 7.00 Uhr ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Ich werde in nächster Zeit einmal mit Vertreterinnen der israelischen  Frauenorganisation Machsom Watch, auf Deutsch «Kontrollposten-Wache», sprechen um ihre Erfahrungen zu hören. Sie gehören zum harten Kern der israelischen Menschenrechtsbewegungen, die sich dem breiten Konsens widersetzen. Ihre Arbeit: Frauen beobachten das Verhalten israelischer Soldaten gegenüber den passierenden Palästinensern.
Neben diesen großen Checkpoinst gibt es kleinere und einen Checkpoint bei Beit Jala der nur mit fahrzeugen passiert werden darf. Hier fahren auch die israelischen „Siedler“ zu ihren so zahlreichen Siedlungen im südlichen Westjordanland.

recht beschaulich: Checkpoint bei Al Jeep, Bemerkung am Rande: das „Vörgängermodell“ des weißen Fahrzeuges links, wo für die in einer langen Schlange Wartenden am frühen Morgen Kaffee und Tee verkauft wird, wurde zuletzt vom isr.Millitär ohne Begründung mutwillig zerstört…


Am Donnerstagabend bin ich mal wieder über „meinen“ Checkpoint AL Jeep gegangen. Ein wirklich kleiner und überschaubarer Checkpoint, wo am Abend nur noch ganz wenige Menschen nach Israel hinein wollen. Nachdem mich der Wachposten zunächst durch das Kontrollgerät gelassen hatte sagte er mit ziemlich unwirschem Ton zu mir ich solle zurück nach draußen vor das Gebäude gehen. Ich weigerte mich, da mir seine Anweisung völlig unsinnig erschien und mir lediglich „seine Macht“ demonstrieren sollte. Ich bat ihn seinen Vorgesetzten zu holen. Nachdem er mich mehr als 10 Minuten warten ließ telefonierte er. Dann kam ein anderer Soldat, der sehr freundlich mich fragte wo ich her käme und wohin ich wolle. Dann schaute er sich meinen Pass an und ließ mich mit guten Wünschen für den Abend passieren. Der geneigte Leser, die geneigte Leserin wird verstehen das mich am Abend vor allem die Frage beschäftigte: Was wäre wohl mit einem Palästinenser geschehen der sich geweigert hätte zurück zu gehen?

Die Passage durch die Grenzanlagen ist für die palästinensische Bevölkerung ein oft nerviges und demütigendes Verfahren

Über Marius S. 405 Artikel
Seit dem Frühjahr 2012 habe ich die Möglichkeit, mir durch längere Aufenthalte im Westjordanland/Palästina, ein eigenes Bild von der aktuellen Situation im israelisch/palästinensischen Konflikt zu machen. Ich habe in dieser Zeit unter anderem aktiv im international bekannten Friedensprojekt "Tent of Nations" in der Nähe von Bethlehem (2012) und in einem Heim für alte und behinderte Frauen in der Nähe von Ramallah (2013) gearbeitet. Darüber hinaus habe ich seit dem verschiedene Gruppen bei Begegnungsreisen in Israel, Palästina und im Herbst 2015 auch in Jordanien begleitet. In vielen Kontakten mit palästinensischen und israelischen Menschen hatte ich die Möglichkeit, deren Gefühle und Einschätzungen zum Leben und zum Konflikt zu erfahren. Durch diese Erlebnisse und Erfahrungen vor Ort bin ich motiviert worden, mich auch hier in Deutschland für eine Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinenser einzusetzen. Vor diesem Hintergrund habe ich Kontakt mit der Nahost-Kommission von pax christi aufgenommen und bin seit 2013 dort Mitglied.

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