Eine junge Frau (Jahrgang 1993) aus Deutschland wendet sich im Sommer 2017 an den Internationalen Jugend Gemeinschaftsdienst (IJGD) in Berlin mit dem Ziel, an einem von dieser Organisation angebotenen„Internationalen Jugendfreiwiligendienst“ (IJFD) im Ausland teilzunehmen.

Auf Empfehlung dieser Organisation reist sie am 3. September 2017 mit einem Touristen-Visum über den Airport Ben Gurion nach Israel ein, um als Freiwillige auf dem Weinberg der Familie Nassar (Tent of Nations), in der Nähe von Bethlehem, zu arbeiten.

Wegen des Ablaufes des Visums reist sie am 2. Dezember  2017 nach Deutschland zurück mit dem Ziel der sofortigen Rückkehr, um ihren auf ein Jahr geplanten Einsatz fortzusetzen.

Die zunächst verabredete Rückkehr am 12. Dezember 2017 verschiebt die junge Frau auf Anraten der Familie Nassar, da wegen der aktuellen Unruhen nach der erfolgten „Anerkennung“ von Jerusalem als israelische Hauptstadt durch die USA in der Region gewalttätige Unruhen ausgebrochen waren.

Am 2. Januar 2018 wollte sie nun erneut einreisen. Sie landet gegen 12 Uhr am Flughafen in Tel Aviv. Am Schalter, an dem  die Pässe geprüft und das Visum erstellt werden, wollte man wissen, warum sie erneut einreise, obwohl sie doch bereits vor kurzem für drei Monate im Land war. Sie begründete ihre Einreise mit dem „Besuch von Freunden“. Sie hat nicht gesagt, dass sie (wieder) auf dem Weinberg arbeiten möchte.

Sie wurde danach in ein Wartezimmer gebeten und nach einer gewissen Zeit von einem (mittelalten) Mann in englischer Sprache „verhört“. Zu Beginn wurden ihre Fingerabdrücke genommen und ein Foto gemacht. Ihr wurde nur wenig Möglichkeit gegeben, selbst etwas zu sagen, während ihr „Gesprächspartner“„ununterbrochen“ geredet hatte. Er hat dabei Behauptungen aufgestellt wie:

  • „Sie sind eine politische Aktivistin“;
  • „Sie haben an Demonstrationen gegen Israel teilgenommen“;
  • „wir haben Fotos als Beweise von Ihrer Teilnahme an Demonstrationen”;
  • „Sie gehören zur BDS-Bewegung“ – und mit Verweis auf den Reisepass, den man ihr abgenommen hatte:
  • „Sie glauben wohl, dass Sie sich als Deutsche alles erlauben können?“;

 

Das „Gespräch“ endete nach etwa 20 Minuten mit der Feststellung: „Sie sind wahrscheinlich eine Terroristin“;

Die junge Frau erklärte mir gegenüber glaubhaft, dass sie noch nie an irgendeiner Aktion (Demonstration oder ähnlichem) im Zusammenhang mit dem Thema Israel oder Palästina teilgenommen habe. Was BDS bedeutet, hat sie erst durch mich erfahren. Überhaupt sei das Ziel ihres freiwilligen Auslandseinsatzes eher „ein Zufall“ gewesen. Sie hatte den Eindruck, dass alles, was ihr in dem Gespräch vorgeworfen wurde, erfunden war .

Auf dem „Zettel“, den sie am Ende des „Verhörs“ bekommen hat, steht als Ablehnungsgrund für die Einreise „illegale Einwanderung“.

 

Nach diesem „Gespräch“ wurde sie mit anderen „Festgehaltenen“ in ein gepanzertes Fahrzeug gebracht und in ein etwa 10 Minuten entferntes Gebäude (auf dem Flughafengelände) gebracht, das ihr wie ein Gefängnis vorkam.

Dort wurde sie in eine mit etwa neun weiblichen Personen belegte Zelle gebracht. Sie hatte den Eindruck, dass es überwiegend Frauen aus Ost-Europa waren. Ihr Handgepäck (sie hatte wegen der nur kurzen Ausreise ihr Gepäck auf dem Weinberg gelassen) wurde ihr abgenommen. Sie bekam eine Zahnbürste und Zahnpasta und etwas zu essen. Für die Betreuung der festgehaltenen Frauen waren ausschließlich (junge) Männer zuständig.

Das am späten Nachmittag erfolgte  Angebot zu telefonieren, hat sie nicht genutzt: sie befürchtete, dann die „Kontrolle“ über sich zu verlieren.

 

In den folgenden Stunden und Tagen hat sie immer wieder gefragt, wie lange sie hier festgehalten würde. Sie hat auf diese Frage nie eine konkrete Antwort erhalten.

 

Alle paar Stunden wurden Frauen aus der Zelle abgeholt bzw. zugeführt.

Eine Verständigung mit den anderen Frauen war wegen Sprachschwierigkeiten nur schwer und sehr unzureichend möglich. Sie hatte aber den Eindruck, dass die meisten wegen vermuteter „illegaler Einwanderung“ festgehalten und dann zurückgeschickt wurden.

Erst am Abend des 2. Tages hat ihr einer der Wachleute beim „Hofgang“ (hinter vorgehaltener Hand) angedeutet, dass sie am nächsten Tag zurück fliegen könne.

Gegen 13 Uhr am dritten Tag (nachdem man sie etwa 48 Stunden festgehalten hatte) wurde die junge Frau auf das Rollfeld gebracht und den Flugbegleitern mit den Worten übergeben: „Bitte händigen Sie dieser Frau ihren Reisepass erst nach der Landung aus!“

Erst die Flugbegleiter teilten ihr mit, dass dieser Flug nach Berlin, ihrem gewünschten Ziel, ging.

Zu Hause erfuhr sie, dass ihre Eltern erst in der Zeit, als sie bereits auf dem Rückflug war, vom IJGD über ihre Rückreise informiert wurden. Der IJGD war zu dieser Zeit durch das AA informiert worden.

Die junge Frau hat nach eigenen Angaben einige Wochen gebraucht, das Erlebte zu verarbeiten. Es ging ihr eine ganze Zeit „sehr schlecht“

 

Für mich, Marius Stark, stellen sich verschiedene Fragen:

 

  • Was sagt die Bundesregierung zu einem solchen Umgang mit Freiwilligen?
  • Welche Möglichkeit der direkten und der indirekten Einflussnahme hat die deutsche Botschaft?
  • Welche Konsequenzen zieht der Internationale Jugend Gemeinschaftsdienst aus diesem Vorgang?