Reuven Moskovitz ist am 4. August 2917 im Kreise seiner Familie gestorben. Zu seinen Ehren haben viele deutsche Freunde, aber vor allem seine langjährige Unterstützerin, Wegbegleiterin und Freundin, Hanja Van Dyck, am 2. September in Berlin eine würdige Gedenkveranstaltung gestaltet.

Nachfolgend die Gesammelte Beiträge am Abend des Gedenkens an Reuven Moskovitz in der Gethsemanekirche in Berlin am

2. September 2017Programm

Anfang 19 Uhr

  1. Meike Goosmann (Meike Goosmann Quintett), Saxophonistin und Bassklarinettistin, spielt Shalom Aleichem
  2. Eingangsrede Pfarrer Christian Zeiske – Gehtsemane-Gemeinde
  3. Rede Ekki Drost – Moderator des Abends
  4. Sohn Schlomi und Enkelin, Omer, singen ein Lied; Tochter Smadar spielt Mundharmonika
  5. Manfred Richter (Gruß an Reuven, Gruß an Varda) vorgelesen von Maria Luise Damrath
  6. Peter Kranz – Ökumenisches Zentrum für Umwelt, Frieden und Eine-Welt-Arbeit – u.a. über Reuvens‘ Anfänge in Berlin
  7. David Drost, Cello – Konzerthausorchester Berlin: Sarabande aus der zweiten Suite für Violoncello solo BWV 1008 d-moll.
  8. Gerhard Gabriel, Pfarrer i.R.: „Der kleine Reuven und die Geige – oder: Jiddische Dialektik“
  9. Olaf Ruhl singt von Arkady Gendler: „Khaverim fun kindhayt“
  10. Hartmut Walsdorff zeichnet eine, für Reuvens engagierte Überraschungsauftritte typische Situation nach, die sich vor Jahren beim Kirchentag in Frankfurt/Main abspielte
  11. Brigitte Beckmann, ehem. Vorsitzende DIPF, spricht über persönliches Erleben und Lernen mit Reuven
  12. Klaus Ruder trägt 3 Gedichte von Rose Ausländer vor (durch Krankheit verhindert)
  13. Jörg Schneider – Bass beim Rundfunkchor Berlin
  14. Gerhard Köpernik, Vorsitzender der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft: Reuven und die DRG
  15. Dorothy Habig (S.E.R.): ehemalige Hornistin vom Philharmonischen Staatsorchester Hamburg – spielt auf dem Klavier den 2. Satz, „Adagio cantabile“, aus Beethovens „Pathetique“ Sonate

kleine Umbaupause 16. Kurzes Video

17. Frieder Breitkreuz (Kasbek Ensemble) spielt auf der Geige: Sherele 18. Annette Groth: die Linke

19. Agnes Hannack (ZEGG): jüdischer Segen in englischer Sprache

20. Christian Kercher: Gedicht von Hermann Hesse

21. Jürgen Lauer: Reuvens Kontakte zum Christlich-Jüdischen Forum Aachen und Aachener Friedenspreis

  1. Andreas Braun (ZEGG): ein Stück auf dem Klavier, was Reuven als Menschen widerspiegelt / widerspielt !
  2. Feride Funda G.-Gencaslan (Süfi Zentrum Rabbaniyya): Letzte Ehre: Gruß und Abschied Völlig geschockt entschuldigt sich Frau Feride Funda G.-Gencaslan am 4.9 bei mir – sie war von einer Reise wegen des Gedenkabends früher zurückgekommen. Leider hatte sie den 4.9 als Tag des Gedenkens gespeichert.
  3. zum Ausklingen: Meike Goosmann: El El Chamda Libi

kleine Umbaupause

25. Reuven: Lied Mi Haisch Mundharmonika (Das Lied, das er bei jeder Veranstaltung am Ende gespielt hat und darum bat nicht zu applaudieren): Video

Wir danken sehr herzlich für die vielen Beiträge. Wir bitten um Verständnis, dass wir nicht alle Beiträge aufnehmen konnten – Wir hoffen jedoch, dass wir Reuven mit unserem Programm auf würdige Weise gedenken.

Hanja Van Dyck

 

liebe Varda, liebe Familie Moskowitz, liebe Hanja und liebe Freundinnen und Freunde von Reuven,

unser Gastgeber, Pfarrer Zeiske, schrieb in einer Email, er freue sich, trotz des traurigen Anlasses so viele Freunde und Wegbegleiter von Reuven zu treffen. Einer von ihnen, Hartmut Walsdorff, schrieb, er hoffe, dass bei unserem Gedenken an Reuven die NACHFREUDE, ihn kennen gelernt zu haben, überwiegen möge.

Reuven Moskovitz ist für unzählige Menschen, die sich für einen gerechten Frieden in Israel/Palästina einsetzen, ein Leuchtturm, an dem sie sich bei ihren oft deprimierenden Bemühungen orientieren können. Ich habe ihn 2013 bei einer Kundgebung am Unabhängigkeitstag in Jerusalem kennen gelernt. Zusammen mit anderen Menschen aus der israelischen Friedensbewegung wollte er ein Zeichen setzen für ein friedliches, demokratisches Israel an der Seite der Palästinenser – inmitten all des nationalistischen Trubels an diesem Feiertag. Reuven begrüßte mich mit den Worten: „Eines Tages werden eure Berichte die Geschichte der Besatzung schreiben.“

Reuven besaß eine prophetische Gabe. Er hat frühzeitig die Katastrophe erkannt, hat gemahnt, vor falschen Hoffnungen gewarnt und Visionen für einen gerechten Frieden in Israel/Palästina entwickelt. Früher als viele andere Beobachter hat er darauf hingewiesen, dass es die israelischen Regierungen waren, die „keine Gelegenheit verpassten, um den Frieden zu verpassen.“

Ebenso wie der jüdische Philosoph Leibowitz beruft sich Reuven, der „Rufer in der Wüste“, auf Franz Grillparzer (1855): „Die Menschheit geht den Weg vom Humanismus zum Nationalismus und vom Nationalismus zum Bestialismus.“

Reuvens Überlegungen für sein letztes Buch „Ein Leben für Gerechtigkeit, Liebe und Versöhnung“ waren auch bestimmt von seinem Abscheu vor einer Regierung, die das schrecklichste Verbrechen der Menschheit dazu missbraucht, das rücksichtslose Streben nach einer dominierenden Rolle als Regionalmacht zu legitimieren. In diesem Sinne hätte der ursprünglich von ihm vorgesehene Titel des Buches „Auf den Schwingen der Shoah. Israels berauschender Aufstieg und sein unaufhaltsamer Untergang“ vermutlich besser gepasst.

Seit Mitte der 70er Jahre hat Reuven Jahr für Jahr Deutschland bereist. Es gibt für ihn „ein Deutschland, das ich liebe,“ wie er einen Brief im Jahr 1974 überschrieb. Als Jude, der seine Heimat Rumänien verlassen musste, wurde er nicht müde, auf die Verantwortung Deutschlands für eine israelische Friedenspolitik, die ihren Namen verdient, hinzuweisen. Er beklagte die Nibelungentreue, mit der die meisten Deutschen, zumal die Spitzen in Staat, Gesellschaft und Kirche, die verbrecherische

Politik Israels gegenüber den Palästinensern, wenn nicht verteidigen, so doch zumeist verharmlosen und relativieren.

Wir hoffen, dass Reuvens Engagement Nachahmer findet und zum Handeln im Sinne des Theologen Fulbert Steffensky auffordert: „Hoffen heißt: handeln, als hoffte man. Hoffen lernt man dadurch, dass man handelt, als sei Rettung möglich.“
Ekkehart Drost

In the name of our family, those how are here and those how could not came, I want to thank you all for giving us the opportunity of sharing together with you the sad- ness of my father death and also to share moments of memories. I like to thank you Hanja for everything you did for Reuven, my father. I like to thank my mother Varda for bringing us all to Berlin to participate in this evening; she is the one that always did the connections and bridges between all the worlds. For us the essence of his being was always about music, for music is the basic construction of harmony and peace. Through the music Reuve-our father-expressed his big loving heart. Each one of us carrying his legacy in many different ways. Each one of us carrying his „Nigon“ (his song) which was the hope and longing for peace, compaction and love in the he- arts of all human beings.

The song we sang: „Modeh Ani“ those are two word from the begining of a preyer to thank God in the morning when you wake up. the song was writen by Meir Arial a very fa- muse Israeli – composer and writer.

Smadar Emor, Tochter von Varda und Reuven

Reuven: wir grüßen Dich, den Wanderer zwischen den Welten. Noch eine andere, eine ganz und gar sogar Dir neue hast Du beschritten. Jetzt darfst Du Engeln winken, die zur alten Erde auf- und niedersteigen, darfst sie mit Scherz, Satire, Ironie und tieferer Bedeutung unterhalten. Du darfst noch einmal kämpfen, von oben her zum Jabbok niedersteigen, Isra-El selbst umringen. Noch einmal schmerzt die Hüfte, die gelähmte, doch nunmehr ohne wehzutun. Immer wirst Du weitergehen, neue Welten aufzutun, doch nicht verloren, sondern um zu finden.

Varda: wir grüßen Dich zugleich mit Reuven. Ein wunderbares Paar wart Ihr – seid Ihr. Du irdisch noch, er himmlisch schon: wie soll das gehen, mag man denken. Doch: er wird Dich, Frau im Schwarz, von oben her begleiten auf die Straße, zum Protestplatz. Frauendemo wird nicht mehr nur Frauendemo sein – ist das erlaubt? Wenn nicht, gleichwohl wird’s sein.

Halten wir es in unserem Sinn und Tun, seiner gerne und froh gedenkend – obgleich uns fehlen wird: sein Überraschungsbesuch hier in unserer Stadt.

Doch, wenn Ihr ins Haus der Kirche kommt, schaut ihn Euch an – er lächelt Euch zu, redet mit Euch, singt Euch was vor, dort.

Heidi und Manfred Richter (vorgelesen von Maria-Luise Damrath)

Maria-Luise Damrath erzählt noch über ein persönliches Erlebnis mit Reuven auf dem Moses Berg. Während der Betrachtung des spektakulären Sonnenaufgangs hörte sie hinter sich ein wunderbares Mundharmonika-Spiel. Da begegnete sie zum ersten Mal Reuven. Als sie sich begeistert über sein Spiel während des

Erlebens des Natur-Phänomens äußerte, sagte er:

„ Das wichtigste im Leben ist, das Leben zu genießen“

Während des 2. Weltkriegs hatte Reuven in Rumänien Diskriminierung, Pogrome, Deportation erlebt.
Mehr als die Hälfte der rumänischen Juden war bis August 1944 ermordet worden.

Umso bemerkenswerter war seine Entscheidung, 1974 für 1 Jahr nach Berlin
zu gehen, um „den Weg Deutschlands in den Nationalsozialismus“ zu erforschen. Er ging ins Land der „Täter“, obwohl er „deutschen Boden niemals
betreten“ wollte. Mit ihm waren Varda, seine Frau, und sein Sohn Shlomi.
Sie bekamen über Aktion Sühnezeichen Kontakt mit Wolf Jung, Pfarrer der Spandauer Luthergemeinde. Er gab ihnen Logis im Paul-Schneider-Haus, dem Ge- meindezentrum der Kirchengemeinde, benannt nach dem „Prediger von Buchen- wald“, der dort im KZ 1939 ermordet worden war.

Die engagierte Auseinandersetzung der Luthergemeinde mit den nationalsozialisti- schen Verbrechen beeindruckten Reuven sehr. Er und seine Familie fühlten sich un- terstützt und aufgenommen.

Reuven war Anhänger der Friedens- und Versöhnungsideen Martin Bubers.
Dieser hatte sich für ein Israel eingesetzt, in dem Juden und Palästinenser gleichbe- rechtigt leben können.
Umso erfreuter war Reuven, daß es in Spandau eine Schule gab, benannt
nach dem jüdischen Religionsphilosophen.

So wurde Sohn Shlomi in der Martin-Buber-Schule angemeldet.

Reuvens Aufenthalt in Berlin sollte der Beginn einer engen lebenslangen
Beziehung werden. Er konnte später sagen: „Es gibt ein Deutschland, das ich liebe.“

Als Pfarrer der Spandauer Luthergemeinde und des Ökumenischen Zentrums organisierte ich mit unserem Friedensarbeitskreis im Jahr 2007 eine Veranstaltungs- reihe zum Israel-Palästina-Konflikt, um uns über Friedensperspektiven zu informie- ren.

Unsere Gäste waren Gideon Levy und Amira Hass von der Ha’aretz-Zeitung,
die Palästinenserinnen Sumaya Farhat-Naser und Janet Mikail, Bürgermeisterin von Ramallah, Reiner Bernstein von der Genfer Initiative und der israelische Friedensakti- vist Reuven Moskovitz.

Er kam im September zu uns, und wir waren beeindruckt von seinem Engagement, seinem Optimismus und seinem Charisma.

Seitdem war er einmal im Jahr zu Gast bei uns in Spandau, später auch im Ökumenischen Zentrum in Charlottenburg.
Er hielt seine Vorträge und diskutierte mit den Zuhörenden. Gern auch spielte er auf seiner Mundharmonika, die er einst von palästinensischen Kindern geschenkt be- kommen hatte.

Er warb unermüdlich für ein Ende der israelischen Besatzung.
Ein gerechter Frieden zwischen Israelis und Palästinensern und Versöhnung zwischen beiden Völkern wurde sein Lebensthema.
Heute, am 2. September, wollte er abends wieder zu uns sprechen: „Israel
retten durch Beendigung der Besatzung“ war das Thema, war sein Thema.

Als Holocaustüberlebender mahnte er für Deutschland eine besondere Verantwortung gegenüber Israel und gegenüber den Palästinensern an, weil für ihn die Vertreibung der Palästinenser eine bittere Folge des Holocausts war.

Er wünschte sich, dass von Deutschland aus die israelische Besatzungspolitik kritisch gesehen wird, weil sie nicht nur die Palästinenser drangsaliert, sondern auch dem is- raelischen Gemeinwesen schadet und zu einer Aushöhlung von Demokratie und Menschenrechten in Israel selbst führt.

Ende 2010 ist er zusammen mit 7 jüdischen Aktivisten und zwei Journalisten auf dem kleinen Segler „Irene“ (Frieden), um die israelische Blockade des Gaza-Streifens zu durchbrechen. Sie werden von 10 Schiffen der israelischen Kriegsmarine in internationalen Gewässern völkerrechtswidrig gekapert und in den israelischen Hafen Ashdod gebracht.

 

Wir wollen Hanja, danken, die du über viele, viele Jahre Reuvens Aufenthalte in Deutschland koordiniert und begleitet hast, so auch den heutigen Abend.

Friedensboten sind die Lieblinge Gottes. Reuven war ein Friedensbote. Peter Kranz

 

Eine Geschichte aus seinem Leben hat mir besonders gut gefallen.
Bringt sie doch kurz und pointiert jiddischen Witz, jiddische Weisheit und jiddische Dialektik auf den Punkt.
Also:
Der kleine Junge Reuven lebt in in seinem Dorf in Rumänien.
Heimlich spielt er am Sabbat Geige.
Das bleibt nicht unbemerkt.
Der strenge Rebbe bekommt Mitteilung.
Er zitiert Reuven zu sich.

Der Rebbe: “Reuven! Du weißt, dass es verboten ist, am Sabbat Geige zu spielen!” Reuven steht zitternd vor ihm.
Der Rebbe: “Reuven, spiel mir auf deiner Geige etwas vor!”

Reuven spielt.

Der Rebbe unterbricht ihn:
“Reuven, dafür, dass Du überhaupt nicht Geige spielen kannst, kannst du schon sehr gut Geige spielen.” Pfarrer i.R Gerhard Gabriel

Liebe Familie und Freundinnen und Freunde von Reuven,

aus dem Füllhorn sehr schöner Begegnungen und wunderbarer Erfahrungen mit Reuven Moskovitz, deren Ursprung ich unserem gemeinsamen, früh verstorbenen Freund HaJo Curth verdanke,
möchte ich eine der heiteren Facetten herausgreifen, die so kennzeichnend waren für Reuven: unermüdlich und beseelt von seiner Versöhnungsbotschaft verschaffte er sich fast überall Gehör und Sympathie, manchmal auch unerwartet und unver- hofft. Denn langfristig planen, anfragen, sein Kommen zusagen und seine Redezeit präzise einhalten – das war nicht Reuvens Ding, wie er selbst freimütig einräumte.

So konnte es passieren, dass Reuven völlig überraschend auf einem Podium auf- tauchte, alle Höflichkeit beiseite ließ und sich selbst das Wort erteilte. So geschehen im Juni 2001 auf dem Kirchentag in Frankfurt am Main. Mir war damals die Modera- tion eines Ost – West – Forums ‚Wie gehts weiter in Deutschland?‘ übertragen wor- den. Links und rechts von mir saßen die zwei OBs von Frankfurt am Main und Frank- furt an der Oder, dazu Marianne Birthler, ein Deutsche Bank – Vorstand – und Regine Hildebrandt! Schon allein ihre Anwesenheit, gezeichnet von ihrer schweren Erkran- kung, aber voller Energie, sorgte für knisternde Spannung in einer knallvollen Mes- sehalle – übrigens mit dem passenden Namen ‚Harmonie’.

Nach einer recht kontroversen Podiumsrunde gab es die erste Möglichkeit der Publi- kumsbeteiligung von Saalmikrofonen aus. Ich erkannte sein Gesicht wegen der Scheinwerfer erst garnicht – da hörte ich die absolut unverkennbare Stimme Reuvens zu meiner Verblüffung in etwa sagen: ‚Danke, dass mein Freund Hartmut Walsdorff mir hier Gelegenheit zu einem kleinen aber dringenden Excurs gibt, der ebenfalls eine starke Ost – West – Dimension hat und auch ein Arm – Reich – Gefälle.‘ Das war doppelt geschickt von Reuven. Denn erstens klang es so als hätte er sich vorher mit dem Moderator getroffen und über einen Redebeitrag verständigt – und zweitens hatte Reuven sich aus dem dicken Programmheft eine thematische Veranstaltung ausgesucht, in der er mühelos vom eigentlich vorgegebenen Ost – West – Thema überleiten konnte zu seinem glühenden Herzensanliegen: einer versöhnten Zukunft von Juden, Palästinensern und Deutschen, dem ‚tragischen Dreieck der Geschichte‘, wie er gerne sagte.

Wer ihn kennt, ahnt, was passiert, wenn Reuven erst einmal das Mikrofon in der Hand hat. Sicher, ich hätte ihn unterbrechen können, ihn als Moderator sogar bald unterbrechen müssen. Aber mir war nicht entgangen, dass nach anfänglicher Unru- he die meisten Menschen in der Halle Reuven gebannt zuhörten: seiner authenti- schen Leidenschaft, seiner politisch ehrlichen, biblisch bewanderten und menschlich warmherzig werbenden Rede. Die natürlich viel zu lang war, denn wir hatten auch damals ein strenges Zeitraster. Mit den drei Minuten, die wir heute hier als Vorgabe

haben, wäre er niemals ausgekommen. Aber als Reuven sich nach gefühlt 15 Minu- ten artig bedankte, bekam er viel Beifall. Und an meiner Seite Regine Hildebrandt raunte mir zu: ‚ Keene Angst, det war wichtich, der Mann is jut, kricht wat ab von meiner Redezeit.‘ Was dann aber nicht der Fall war, denn auch Regine redet gerne. Doch hinterher kam Reuven auf mich zu, umarmte mich und sagte verschmitzt: ‚Ent- schuldige, aber das musste sein. Hätte ich vorher gefragt, ob ich hier reden darf, hät- test du wohl nein gesagt‘.

Kann sein. Ich weiß es bis heute nicht, du lieber Freund Reuven. Aber ich weiß: du, du jedenfalls hast immer JA zu uns gesagt, ein großes herzenswarmes JA zu mir und zu uns allen hier. Dafür sagen wir alle dir heute unseren tief empfundenen Dank. Und wir empfehlen dich nun dem unverlierbaren JA unseres gemeinsamen Ewigen Gottes an.

Hartmut Walsdorff

Liebe Familie Moskovitz, liebe Freundinnen und Freunde von Reuven,
Wir alle wissen, dass sich Reuven unermüdlich und leidenschaftlich für die Aussöhnung der Israelis und Palästinenser eingesetzt hat. Weniger bekannt ist, dass er auch sein Geburtsland Rumänien nicht vergessen hat. In dem Schtetl Frumușica im Nordosten dieses Landes 1928 geboren erlebte er als Jugendlicher Armut, aber vor allem auch Diskriminierung unter dem faschistischen Antonescu-Regime. 1947 verließ er Rumänien Richtung Palästina. Ab 1974 kam Reuven immer wieder nach Deutschland, hielt Vorträge und schloss viele Freundschaften.
Im Herbst 1991 machte er dem späteren Präsidenten der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft, Herbert Siebold, das Angebot, eine kurze Studienreise nach Rumänien zu unternehmen. Sieben Westberliner brachen von Bukarest aus in einem uralten Kleinbus unter der sachkundigen Leitung Reuvens zu einer abenteuerlichen Rundreise auf. Die Reise beeindruckte die Gruppe so tief, dass einige Reisende nach der Rückkehr daran gingen, die Deutsch-Rumänische Gesellschaft zu gründen. Im Februar 1992 fand die Gründungsversammlung statt.
Man kann Reuven mit Fug und Recht als „spiritus rector“ der Gesellschaft bezeichnen. Er blieb bis zu seinem Tod unser Mitglied. Anfangs erklärte er in Vorträgen den Mitgliedern Rumänien, trat aber vor ihnen auch als Musiker mit Geige und Mundharmonika auf. Bei weiteren Studienreisen nach Rumänien spielte Reuven den kenntnisreichen Reiseleiter. Wegen ihrer großen Verdienste um die Belange der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft erhielten Reuven und seine Frau Varda die Ehrenmitgliedschaft.
Wenn Reuven in den letzten Jahren in Berlin war, kam er gelegentlich auch zu unseren Veranstaltungen. Ich erinnere mich noch gut an unsere Feier zum 20- jährigen Bestehen der Gesellschaft im Jahr 2012. Wir hatten ein reichhaltiges Programm ausgearbeitet. Reuven bot spontan einen Auftritt an. Wir zögerten etwas, weil wir befürchteten, er würde den Zeitrahmen sprengen. Aber wir konnten sein Angebot natürlich nicht ablehnen. Wir haben es nicht bereut. Reuven brachte in seiner unnachahmlichen Art und mit seiner Mundharmonika Stimmung in den Saal. Später sagte er mir einmal, er habe er sich sehr gefreut, dass die Gesellschaft, sozusagen sein Baby, nach so vielen Jahren immer noch blühe und gedeihe.
Ich bedaure, dass ich persönlich Reuven nicht sehr oft getroffen habe. Doch die wenigen Begegnungen haben in mir das Bild einer warmherzigen, leidenschaftlichen, gradlinigen und trotz Anfeindungen fröhlichen Person hinterlassen. Es ist traurig, dass Reuven uns verlassen hat, aber es ist tröstlich, dass er sein Leben gut genutzt hat.

Gerhard Köpernik

Seit 2009 bin ich die menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag und setze mich seither mit derselben Beharrlichkeit wie Reuven für die Durchsetzung der Menschenrechte in Palästina und in Israel ein.

Ich möchte hier an eine Begegnung mit Reuven im November 2014 in Nürnberg erinnern, wo wir beide an einer Mahnwache für die Opfer des Krieges gegen Gaza im Sommer 2014 und für Frieden im Nahen Osten teilgenommen haben. Organisiert hatte diese Veranstaltung das Nürnberger Forum für den Frieden, NEFF. Ausser uns Friedensaktivist*innen waren noch einige Leute von der jüdischen Gemeinde in Nürnberg mit Israelfahnen da, die uns nach der Rede von Reuven und anderen Beiträgen übel beschimpft haben. Ich werde das nie vergessen, wie sie uns und insbesondere unseren alten Freund Reuven beleidigt haben. Auch der Vorwurf des Antisemitismus wurde gegen uns vorgebracht. Infolge dieser Mahnwache gab es heftige Auseinandersetzungen um das NEFF. Im Januar 2017 entschied das

Evangelische Dekanat, alle finanziellen Zuschüsse an das NEFF zu streichen, auch der vom NEFF genutzte Veranstaltungsort, das Haus Eckstein, steht für NEFF- Veranstaltungen nicht mehr zur Verfügung. Das ist schon sehr bedenklich.

Mir machen die zunehmenden Angriffe auf Veranstaltungen, die sich mit Menschenrechtsverletzungen in Israel/Palästina beschäftigen, Angst. Viele Veranstaltungen sind in der letzten Zeit abgesagt worden bzw konnten nur auf dem juristischen Klageweg durchgesetzt werden. Es wird immer schwieriger, Veranstaltungsorte zu finden, weil die Betreiber durch Anrufe, Emails und dgl. massiv unter Druck gesetzt werden, so dass zugesagte Veranstaltungsräume abgesagt werden. Es handelt sich dabei um bedrohliche Angriffe auf die Meinungsfreiheit, die in unserem Grundgesetz verankert ist. Dagegen müssen wir uns wehren.Reuven war ein Beispiel für Beharrlichkeit, trotz vieler Kritik und Anfeindungen hat er sich immer für Frieden und die Menschenrechte in beiden Ländern eingesetzt. Das ist sein Vermächtnis und ein Auftrag, den wir ernst nehmen und dem wir nacheifern sollten.

 

in diesem Sinne werde ich weiterhin die Menschenrechtsverletzungen anprangern und mich für Gerechtigkeit, Frieden und Menschenrechte einsetzen.

Anette Groth

Christian Kercher trägt das Gedicht „Gestutzte Eiche“ von Hermann Hesse vor.

Gestutzte Eiche

Wie haben sie dich, Baum, verschnitten, Wie stehst du fremd und sonderbar! Wie hast du hundertmal gelitten,
Bis nichts in dir als Trotz und Wille war! Ich bin wie du, mit dem verschnittnen, Gequälten Leben brach ich nicht Und tauche täglich aus durchlittnen Roheiten neu die Stirn ins Licht. Was in mir weich und zart gewesen, Hat mir die Welt zu Tod gehöhnt, Doch unzerstörbar ist mein Wesen, Ich bin zufrieden, bin versöhnt, Geduldig neue Blätter treib ich
Aus Ästen hundertmal zerspellt, Und allem weh zu Trotze bleib ich Verliebt in die verrückte Welt. Hermann Hesse

Christian Kercher zitiert Reuven bei einer Preisverleihung des Mount Sion, wo Reuven darum bittet, außer auf seiner Mundharmonika zu spielen, auch etwas zu sagen. Der Moderator der Feierlichkeit glaubt nicht, dass Reuven sich kurz fassen kann. Reuven insistiert und kriegt das Wort und er sagt:

„Frieden für Israel durch die Befreiung der Palästinenser“.

Jürgen Lauer, Aachen, ehemaliges Mitglied des Christlich-Jüdischen Forums Aachen und des Aachener Friedenspreises.

Liebe Familie Moskovitz, liebe Freunde Reuvens.
Ich begegnete Reuven zum ersten Mal vor über zwanzig Jahren im Christlich- Jüdischen Forum Aachen, wo er einen Vortrag hielt, der seinem Lebensmotto entsprach:

„Wie können wir um des Friedens willen neue Wege des Miteinander suchen?“ Reuven sprach nie allein vor seinen Zuhörern, sondern immer auch mit ihnen. Und in seinen Gesprächen suchte er nicht nur von den Gleichdenkenden verstanden zu werden, sondern auch die Andersdenkenden zu verstehen. Das war für mich seine größte Stärke.

„Frieden, das sind Worte und Taten“, rief er am 8. November 2001 den Menschen zu, auf einer Veranstaltung von Pax Christi, dem Aachener Friedenspreis und dem Christlich-Jüdischen Forum auf dem Aachener Markt. Und er stand für das, was er sagte.

2002 hielt ich mit ihm gemeinsam auf einer Kundgebung mehrerer Gruppen der Friedensbewegung ein Transparent des Protestes gegen die militärische Besetzung der Städte im Westjordanland hoch. Passanten warfen uns böse Worte zu und sprachen von Einseitigkeit der Parteinahme. Sie kannten Reuven eben nicht. Er beurteilte die Dinge nie von einer, nämlich seiner Perspektive allein – eher suchte er sie von der anderen Seite aus zu verstehen.

Im Jahre 2003 hatte ich in der Hauptveranstaltung des Aachener Friedenspreises die Ehre, die Nominierung Reuvens als Preisträger des Jahres zu begründen. Ihm wurde dieser Preis für seine intensive und engagierte Friedensarbeit und mutiges Eintreten für soziale Gerechtigkeit im Aachener Rathaus verliehen. Es war die zweite Auszeichnung nach dem Mount Sion Award, verliehen in Jerusalem 2001.

Vor zwei Jahren verbrachte ich den letzten gemeinsamen Gesprächsabend mit Reuven in Herzogenrath. Er war älter geworden, aber das Lächeln in seinen Augen war so unverändert wie sein Anliegen, mit uns darüber zu sprechen, was sein Leben bestimmte:
Das Gespräch über die Suche nach Wegen zueinander.
Was ihn einmalig machte, war, dass er die Sache um ihrer selbst willen vertrat, nicht danach, wie viel Zustimmung er fand.
Ich werde ihn nie vergessen, und Ihnen gegenüber brauche ich das nicht zu begründen. Sie sind ja zu dieser Feierstunde gekommen, weil Sie Reuven ähnlich erlebt haben wie ich.

Jürgen Lauer

Reuven, dem Hoffenden, drei Gedichte von Rose Ausländer zur Unbedingtheit der Hoffnung:

Gib auf
Der Traum
lebt
mein Leben
zu Ende
*
So
soll es sein
wie es nie
war
wie es
nie werden wird *
Komm Engel treib uns
ins Paradies Dort sind wir zwei winzig kleine Blumen ***

Klaus Ruder

Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Freundinnen und Freunde von Reuven.

Mein Name ist Christian Heubach.
Gemeinsam mit meiner Frau Marianne sind wir mit Reuven seit 15 Jahren bekannt und befreundet.

Im Buch >Der lange Weg zum Frieden< schreibt Reuven über die Vision eines Friedens-Pilgerweges von <Städten des Krieges zu Städten der Versöhnung in Israel>.

Gemeinsam mit Reuven konnte ich seine Vision ganz praktisch umsetzen. Wir gestalteten einen Pilgerweg vom Kriegsmuseum bei Latrun nach Neve Shalom und sind diesen Pilgerweg über 13 Jahre
mit Jugendlichen u. Erwachsenen gemeinsam gegangen.
Hanja, im letzten Jahr warst du mit dabei.

Mit Reuven haben wir einen treuen Freund verloren, der für Jugendliche, wie Erwachsene ein glaubwürdiger und überzeugen-der Wegbegleiter und -bereiter, ein inspirierender Gesprächsbe-gleiter war, der die unterschiedlichsten Menschen dort abholte, wo sie gerade standen – getrieben von der Sehnsucht nach Gerechtig-keit, Frieden und Koexistenz zwischen Juden, Muslimen und Christen.

Reuven – ein Engel hat dir den Mantel der Gerechtigkeit, der Barmherzigkeit und des Friedens umgelegt, dich bei der Hand ergriffen und ins Paradies mitgenommen. Mögest Du nun schauen, was deine Sehnsucht und Hoffnung im Leben war.

Wir tragen deine Gedanken weiter.
Deinen Weg gehen wir weiter, sei es mit Jugendlichen oder Erwachsenen. Wir werden deiner gedenken, von dir erzählen –
und uns im nächstes Jahr in Neve Shalom begegnen.

Shalom – Salam

Christian Heubach

Im Gedenken an Reuven Moskowitz

Ich kannte Reuven wohl am längsten. So erinnere ich mich lebhaft an unsere erste Begegnung – es war 1977, das Jahr des Regierungsantritts Menachem Begins –, als er gemeinsam mit meinem unvergessenen Freund Eliezer Feiler aus dem Kibbutz Yad Hanna in die Evangelische Akademie am Kleinen Wannsee in Berlin kam.

Schon damals musste sich der Direktor gegenüber seinem Dienstherrn rechtfertigen, dass er zwei kritische jüdische Israelis, beide Verfolgte des Naziregimes, eingeladen hatte. An solchen Widerständen hat sich nichts geändert. Ja, je weniger sich die israelische Politik verteidigen lässt, desto massiver verwenden sich die Regierungen in Jerusalem und ihre deutschen Hintersassen gegen jede Kritik. Dass Reuven dabei politische und individuelle Oberflächlichkeiten bei der „Bewältigung der Vergangenheit“ in Deutschland nicht außer Acht ließ, verschaffte seiner Friedensarbeit in Israel und in der Bundesrepublik zusätzliche Glaubwürdigkeit.

Reuvens Unermüdlichkeit wurde zur Legende. Wenn er bei Seminaren und Tagungen biblische Zitate und Lieder aus der jüdischen Liturgie vortrug, riss er sein Publikum zu Begeisterungsstürmen hin. Er war ein Mann, der im Judentum tief verwurzelt war, auch wenn er nicht regelmäßig in die Synagoge ging. Reuven war in einem anderen Sinne tiefgläubig: Er liebte sein Volk auf eine Weise, die der große Erziehungswissenschaftler Akiva Ernst Simon (Berlin 1899 – Jerusalem 1988) in die Worte gekleidet hat:

„Mein Volk ist mein Leid,
seine Freude ist meine Freude nicht.
meines Volkes Schwäche ist meine Schwäche, sein Heldentum ist mein Heldentum nicht. Seine Verzweiflung ist nicht die meine –
Aber seine Hoffnung ist meine Hoffnung.“

Wie Simon ließ Reuven nicht von dem Ziel der jüdisch-arabischen Verständigung in Palästina ab. Ehre bleibe seinem Andenken.

Reiner Bernstein München, 30.08.2017

Liebe Hanja,
wir fühlen uns in diesen Tagen bis zu Reuven Abschiedsfeier Dir und damit Reuven nah. Wir können uns gut vorstellen, wie viel Du mit den engsten Freunden Reuvens zu organisieren hast. Wir hatten fest vor, am Samstag in Berlin anzukommen. Dies ist nicht möglich … Wie gerne hätten wir unter gleichgesinnten Freunden Reuvens, zu denen wir uns ebenfalls zählen, Abschied genommen. Wir haben Reuven achtmal erlebt, in Solingen hat er sechsmal für Frieden zwischen seinem Volk und Palästina mahnend seine Stimme erhoben und damit alle Zuhörer sensibilisiert. Viermal war er unser Gast, da ich auch die letzten drei Veranstaltungen organisiert hatte. Ich hatte auch Bekannte und Freunde eingeladen, die von der israelitischen Palästinenser-Politik nicht wissen wollten, weil sie der Meinung waren, Deutschen sei es wegen der NS-Verbrechen nicht gestattet, darüber zu urteilen. Manche hat er durch Argumente und seine persönliche Zeugenschaft gewiß bewegen können, diese ihre Haltung zu überdenken und zu korrigieren. Er war ein Geschenk, besonders für uns, doch auch für allen Menschen die ihm lauschten – dem altgewordenen Kind mit der Mundharmonika! Damit hat er uns alle beglückt. Doch das war eben nicht alles, sondern der leidenschaftliche Appell an unser Volk, friedenstiftend in Israel und Palästina zu wirken. Dies sah er als verpflichtend für uns Deutsche an und nicht alles hinzunehmen, weil wir den unbeschreiblichsten Völkermord im 20. Jahrhundert begangen haben.
Dies hat im persönlichen Gespräch auch zu Kontroversen zwischen uns geführt. Heute bin ich der Meinung, daß die größte Bereitschaft, ein Staatsverbrechen anzuprangern, von den Betroffenen ausgehen sollte. Ich bin gegen eine uneingeschränkte Solidarität mit einer Regierung, die keine Menschenrechte achtet. Doch wir, die direkten Nachfahren der Menschen, die der Ideologie der Nazis anhingen, sollten auch achtsam in unserem Land sein. Zu viele der Alten, die sich benachteiligt fühlten, gaben ihre ihnen eingeimpften Parolen weiter, vor allem an ihre Enkel. Darum wird uns der jiddische Reuven aus Rumänien fehlen. Seine Botschaften kamen glaubwürdig bei uns an, allerdings nicht bei denen in der Politik, von denen er sich erhoffte, daß sie sich nicht blind gegenüber der heutigen Politik Israels verhalten. Wir verkaufen Israel Waffen und befähigen sie damit, daß wieder Verbrechen möglich sind. Er forderte von unserer Regierung keine Unterstützung der Siedlungspolitik Israels, sondern diplomatisches Geschick, um die Parteien an einem Tisch zu bekommen, um mit ihnen ein Friedensabkommen zu besprechen. All diese brutalen Entscheidungen konterkarieren die Friedensbemühungen, und doch hat Reuven nicht umsonst gelebt, dessen sind wir gewiss. Er war für uns mehr als ein Friedensaktivist, er war das, was wir uns wünschen, ein liebender Mensch mit einem heißen Herzen.

Eine denkwürdige Abschiedsfeier mit Reuvens Familie aus Jerusalem und vielen seiner Freunde in Deutschland wünschen Dir Julia Freiwald und Jürgen Precht

Gedenkfeier für Reuven Moskovitz in Berlin am 2.Sept.2017

Für Hanja Van Dyck zum Vorlesen, wenn keiner von uns beiden dabei sein kann:

Roswitha und Hans Blauel aus Emmendingen haben bei der Bremer Stiftung die Schwelle eine Bewerbung für die Verleihung des Internationalen Bremer Friedenspreises an Reuven Moskovitz eingereicht. In der Kategorie

der unbekannte Friedensarbeiter haben sie mit folgenden 3 Argumenten geworben:

1) Reuven Moskovitz als politischer Mensch und Friedensabenteurer in Israel 2) Reuven Moskovitz und ein Deutschland, das er liebt

Der Text für den dritten Punkt
3) Reuven Moskovitz als Werber für Land, Geschichte und Menschen lautet:

Aus eigener Lebenserfahrung und seinem Studium von Bibel und weltlicher Geschichte vermittelt Reuven Moskovitz alten und jungen Gästen aus aller Welt bei seinen Führungen ein unvergessliches Bild von der wunderbaren Landschaft, der mehrtausendjährigen wechselvollen Geschichte und den Schicksalen der Menschen, die als Israelis oder Palästinenser alle Semiten und Nachkommen Abrahams sind. Mit Reuven Moskovitz konnte und kann man

  •   das Wunder der blühenden Wüste nach einem unerwarteten Regenguss erleben,
  •   in den Quellteichen König Davids bei Ein Gedi schwimmen,
  •   etwas über den Anbau von Salztomaten am Toten Meer erfahren,
  •   ein wunderbares arabisches Essen in Jericho genießen,
  •   an einer abgebauten Raketenrampe in der Wüste sich mit arabischen Schafhirten

    unterhalten, mit ihnen singen und zur Musik selbst gemachter Flöten tanzen,

  •   im Hain Mamre den alttestamentarischen Text aus Gen.13 zitieren,
  •   durchs Kidrontal „hinauf nach Jerusalem“ wandern und Maulbeeren pflücken,
  •   über die Dächer des jüdischen Viertels von Jerusalem spazieren – aber auch
  •   die unsägliche Mauer, eingerissene Häuser von Palästinensern und neue

    strategische Wohnviertel israelischer Siedler sehen und

  •   kritische Worte am Grabmal von Ben Gurion in Sde Boker in der Negev hören.

    Alle Details sind ihm Fakten und zugleich Botschaften, welche wunderbaren Möglichkeiten es gibt, nach der Shoa sicher und gemeinsam in diesem Land zu leben, wenn statt Gewalt und Hass Menschlichkeit und Gerechtigkeit zur Geltung gebracht werden.

    Ruh Dich aus Reuven und hab ewigen Frieden! Deine Freunde Roswitha und Hans Blauel.

Vierter August 2017

Reuven Moskovitz Shoah Überlebender Der Frieden predigt

Sich und uns zum Trost Spielt er Mundharmonika Mit ernsten Augen

Friedensbotschaft von Lachen und Weinen erklingt Jetzt bei den Engeln

Ulrike Vestring, FrauenWegeNahost, Bonn

Mein Name ist Riewert Quedens Tode, ich bin der Verleger von Reuvens erstem Buch „Der lange Weg zum Frieden“ und ich möchte einige wenige Worte sagen auf dieser Gedenkfeier für unseren verstorbenen Freund, der uns auch mehrmals durch Israel geleitet hat und sein Buch später bei uns im Antiquariat vorgestellt hat.

Mit Reuven Moskovitz haben wir alle einen charismatischen Kämpfer verloren, einen unermüdlichen Mahner für Frieden und Aussöhnung zwischen Israelis und Palästinensern! Reuven war ein moderner Prophet und wir wissen, wie sehr ein streitbarer Prophet im eigenen Land, das zerrissen ist von Hass und Missachtung, nichts gilt. Vielleicht ist das auch der Grund, warum er gerade bei uns in Deutschland eine um so viel größere Aufmerksamkeit mit seinen unermüdlichen Worten und Appellen an das Gewissen erringen konnte und hier einen so großen Wirkungsgrad erreichte! Er hat uns bei unserem Gewissen gepackt und uns immer wieder auch an unsere eigene schändliche Vergangenheit erinnert, uns gemahnt, für die Sache des Friedens, der Vergebung und der Aussöhnung einzutreten. Flehentlich und mit großem Nachdruck hat er uns, seine Freunde, gebeten, es ihm gleich zu tun. Dieses Wagnis müssen wir trotz vieler Anfeindungen eingehen, auch auf die Gefahr hin, missverstanden zu werden.

Wir alle trauern zusammen mit Varda und seiner Familie um eine große Persönlichkeit und einen edlen Freund und wollen in seinem Sinne sein Vermächtnis fortsetzen, welches hoffentlich in naher oder doch nicht allzu ferner Zukunft ein gutes Ende findet!

Danke für alle Erkenntnisse, die ich durch dich gewonnen habe, danke, lieber Reu- ven!

Riewert Quedens Tode

Lieber Ruben!

Du hast immer wieder gestanden: Es gibt ein Deutschland, das ich liebe!
Dieses Deutschland setzt sich aus vielen Freunden zusammen, die Du Dir gemacht hast, die wir nur zum kleinsten Teil kennen, aber zu denen wir auch gehören dürfen. Du wolltest, nach allem was dem jüdischen Volk und Dir persönlich angetan wurde, begreiflicherweise keinem Deutschen mehr ins Gesicht sehen und hast dann aber mit den Augen des Herzens so viele freundliche Gesichter gefunden, die Dich
in Deiner Haltung, Deinem Friedensengagement bestätigen und bestärken konnten. Du hast uns in Deine frühere und jetzige Heimat geführt und uns die Problematik Israels gezeigt und erklärt. Durch Dich haben wir ein gewalttätiges und ungerechtes Israel kennen gelernt, aber auch ein Israel, das wir lieben, das uns in einem Menschen begegnet ist, in Dir!
Wenn Du sagst: Es gibt ein Deutschland, das ich liebe und an Deine zahllosen deutschen Freunde denkst, müssen wir bekennen: Du bist das Israel, das wir lieben! Du und Deine liebe Frau Varda, ohne deren Begleitung, Unterstützung und geduldi- ge Liebe Dein Leben und Deine Friedensarbeit nicht möglich gewesen wären!
Ein Prophet gilt nichts im Land seiner Väter, aber viel bei seinen Freunden und viel bei seinem Gott!
Du weißt am besten was Du gelitten und geleistet hast, woher die Kraft und die Motivation zu Deinem Leben, zu Deiner Arbeit kam. Wir durften Dich ein Stück Wegs begleiten, Dich bewundern, von Dir lernen, Dich lieben.
Leider ist bei Deinem Tod die Situation in Deinem Land weit von dem entfernt, wofür Du all die Jahre unterwegs warst. Aber dieser Weg war nicht umsonst!
Du bist mit einem entschiedenen, aber freundlichen, ja schelmischen Trotzdem Deinen Weg gegangen, immer wieder gegen Windmühlen von Vorurteilen, Haß und Gewalt angerannt, einzig mit der Lanze Deines chassidischen Humors und mit der entwaffnenden Stimme Deines Herzens, mit deinem Lächeln und mit Deinem Mundharmonikaspiel.
Du hast Deinen Lebensweg und sein Ziel als Dein Bestreben beschrieben:
Sich den Feind zum Freund machen.
Dabei ist Dir in den letzten Jahren ein Gedicht von Hilde Domin sehr wichtig geworden, es handelt sich um das Gedicht: „Abel steh auf“

Abel steh auf
es muß neu gespielt werden
täglich muß es neu gespielt werden täglich muß die Antwort noch vor uns sein die Antwort muß ja sein können
wenn du nicht aufstehst Abel
wie soll die Antwort
diese einzig wichtige Antwort
sich je verändern
wir können alle Kirchen schließen
und alle Gesetzbücher abschaffen
in allen Sprachen der Erde
wenn du nur aufstehst
und es rückgängig machst
die erste falsche Antwort
auf die einzige Frage
auf die es ankommt
steh auf
damit Kain sagt
damit er es sagen kann
ich bin dein Hüter
Bruder
wie sollte ich nicht dein Hüter sein
Täglich steh auf
damit wir es vor uns haben
dies ja ich bin hier
ich
dein Bruder
Damit die Kinder Abels
sich nicht mehr fürchten
weil Kain nicht Kain wird
Ich schreibe dies
ich ein Kind Abels
und fürchte mich täglich
vor der Antwort
die Luft in meiner Lunge wird weniger
wie ich auf die Antwort warte

Abel steh auf
damit es anders anfängt zwischen uns allen.

Kain und Abel sind keine Bewohner einer fernen biblischen Zeit, die wir als Beispiel für böses und gutes Verhalten brauchen, die sich einfach instrumentalisieren lassen wieder Holocaust. Kain und Abel sind in uns!
Haben wir Abel in uns nicht oftmals erschlagen und wollen für Kain immer siebenmal Rache oder wie Lamech sogar siebenundsiebzigmal ?

Abel steh auf, dass unser Kain nicht tötet und nicht gerächt werden muß, dass unser Kain sagen kann: Ich bin dein Hüter Bruder, dass wir der Liebe eine Chance geben, damit es durch die Liebe anders anfangen kann zwischen uns allen!
Abel steh auf – Du Ruben hast den Ruf gehört, Du hast ihn Dir immer wieder zugerufen.

Du warst geschlagen, niedergeschlagen, und bist immer wieder aufgestanden und hast damit Kain eine Chance gegeben nicht zu töten, nicht Kain zu werden. Du hast immer auf die Antwort gewartet, auf dieses: Ja, ich bin hier dein Bruder, warum sollte ich nicht dein Hüter sein?

Du hast so versucht Deinen Feind zum Freund zu machen, damit die Kinder Abels sich nicht mehr fürchten müssen.
Ruben Du hast den Ruf. „Abel steh auf“ gehört und versucht ihn zu leben und zu verwirklichen.

Beim beharrlichen Warten auf die einzig wichtige Antwort ist die Luft in Deiner Lunge weniger geworden und jetzt ganz ausgegangen….
Du bist gestorben und läßt uns mit vielen Fragen zurück, aber Du hast uns mit Deinem Leben gezeigt, dass wir so fragen müssen, dass die Antwort sein kann: Ja, ich bin dein Bruder!

Lieber Ruben, wir danken Dir für Deine Freundschaft und verabschieden uns in herzlicher Verbundenheit

Lore und Helmut Schelbert

DANKE REUVEN