Wie ich gestern in meinem Blog berichtet habe bin ich mit der Gruppe „Breaking the Silence“ letzten Donnerstag in den Süden des Westjordanlandes gefahren, in die Hügel hinter Hebron, kurz bevor das israelische Kernland mit der Negev-Wüste beginnt. Die Mehrzahl der Palästinenser dieser Gegend haben ihre familiären Wurzeln in Dörfern, die heute im Staat Israel liegen. Früher pflegten sie eine halbnomadische Lebensweise und zogen sich nur während der heißen Sommer aus der Wüste Negev in das Hügelland südlich von Hebron zurück.
Erst nach der Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 und der Vertreibung der palästinensischen Bewohner vom Territorium des neuen Staats wurden ihre Sommerrefugien in den „South Hebron Hills“ notgedrungen zu permanenten Wohnstätten. Die bestehen aus improvisierten Zeltlagern oder natürlichen Berghöhlen. Seit Mitte der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts haben jüdische Siedler begonnen in dieser Gegend Siedlungen zu bauen mit Hinweis das hier an verschiedenen Orten alte Synagogen zu finden seien. Seit dieser Zeit ist das Leben der dortigen „Ur-Einwohner“ massiv gestört. Der französische Journalist Joseph Dana schreibt in seinem Beitrag in der deutschen Ausgabe der Le Monde vom Februar 2012 die Situation dort mit „Kafka im Westjordanland“. Ich habe in der Kopfspalte meines Blogs unter gleichen Titel größere Auszüge dieses lesenswerten Beitrages, der die dort in den Hügeln von Hebron vorherrschende Situation besser und ausführlicher beschreibt als ich das meinem Tagesblog kann, veröffentlicht.
Mohammed, unser Begleiter bei der Tour mit Breaking the Silence erklärte uns das es zahlreiche Aussagen von Soldaten aus dem Gebiet hier gäbe, die die Klagen von Palästinensern über Gewalt der Siedler und über die Armee die zu passiv sei oder ganz wegsehe. Hierzu nachfolgend Auszüge eines ehemaligen Soldaten der 2007 in Susiya eingesetzt war:
„Susiya ist der ,Wilde Westen‘. Jeder macht, was ihm gefällt, und jeder will seine Ruhe haben. Die Araber darf man verprügeln, die Siedler dürfen nicht angerührt werden – mehr oder weniger. Ich saß in der Kommandozentrale, habe viele Übergriffe mitbekommen. Ich saß einfach nur da. Sie haben ja keine Ahnung, wie oft es zu Übergriffen kam. Einmal zum Beispiel wurden in Susiya Schafe gestohlen. Die Araber haben sie gestohlen. Da beschlossen die Leute von der Siedlung einfach, die Schafe zurückzuholen. Und langten dabei ganz schön zu.“ Auf die Frage, wie sie normalerweise reagieren, wenn die Siedler angreifen, antwortet der Soldat: „Den Siedlern tun wir nichts. Die rühren wir nicht an.“
Mohammed ist der Auffassung das sich hier in den Hügeln südlich von Hebron sich alle Probleme der Besatzung zeigen wie in einem „Mikrokosmos“:,
Landverlust; Zerstörung; Verhaftung und Freilassung nur gegen hohe Kaution bei geringen Überschreitungen von willkürlich gesetzten Grenzen; Schikanen und gewalttätige Übergriffe durch Siedler; Roadblocks;
Ich hatte bereits im vergangenen Jahr, als ich auf dem Weinberg im Tent of Nations war berichtet, wie selbstverständlich es ist, das alle jüdischen Siedlungen im Westjordanland an das israelische Strom- und Wassernetz angeschlossen sind, so auch hier in dieser Gegend. Für die in absolut ärmlichen Verhältnissen lebenden Palästinenser gilt das freilich nicht. Wasser müssen sie teuer einkaufen. Vor knapp zwei Jahren wurden u.a. mit Mitteln des Dt. Entwicklungsministeriums in Höhe von insgesamt 600.000,- € in dieser
Gegend Windräder und Solaranlagen gebaut wurden. Dadurch hatten 10 Gemeinden mit 1500 Palästinensern Ökostrom. Doch das Projekt steht möglicherweise vor dem Aus. Israel droht mit dem Abriss der Anlagen. Im Februar 2012 erließ die israelische Ziviladministration für fünf Gemeinden eine Baustoppverfügung – die erste Stufe in einem Prozess der mit dem Abriss endet. Das Ziel ist klar die Palästinenser sollen vertrieben werden.
Weitere Infos hierzu in einem Beitrag der Deutschen Welle vom Juni 2012:
http://www.dw.de/entwicklungshilfe-f%C3%BCr-pal%C3%A4stina-blockiert/a-16013647
In der letzten Woche haben zwanzig renommierte jüdische Autoren – einschließlich der weltweit bekannten David Grossman, Amos Oz und AB Yehoshua – ihren Namen auf einen öffentlichen Appell gesetzt, um die Dörfer des Südlichen Hügellandes bei Hebron zu retten.
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