Gestern hieß es für unsere Gruppe Abschied nehmen. Abschied von einem so wunderschönen aber auch so konfliktreichem Land.
Alle Teilnehmer/innen dieser Pilger- und Bildungsfahrt haben mir gegenüber immer wieder zum Ausdruck gebracht, wie wertvoll für sie diese so unterschiedlichen Erlebnisse und vor allem die Begegnungen mit so unterschiedlichen Menschen, Juden wie Palästinensern, gewesen war. Jeder und jede unserer Gruppe hatte in den letzten 10 Tagen die einzigartige Gelegenheit, sich selbst vor Ort einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Durch Gesprächen und mit den eigenen Augen, konnte die Gruppe sich berühren lassen von diesem, die Weltgemeinschaft seit nun mehr 64 Jahren, häufig im Atem haltender Konfliktherd.
Obwohl sicherlich alle Teilnehmer/innen durch die vielfältigen Programmpunkte, nicht mehr viel Aufnahmekapazität hatten, sah auch der Abreisetag noch einen weiteren Höhepunkt vor:
Die Begegnung mit Reuven Moskovitz der uns durch das von ihm mit gegründete „Friedensdorf“ Nevel Schalom / Wahat AsSalam führte. Reuven Moskovitz wurde 1928 in Rumänien geboren, überlebte den Holocaust und wanderte 1947 nach Palästina ein. Seit fast 40 Jahren warnt er vor der Gefahr des eskalierenden Terrors und Gegenterrors im Nahen Osten.
Sehr früh engagierte er sich in der israelischen Friedensbewegung und wurde nach dem Sechstagekrieg 1967 Sekretär der Bewegung „Für Frieden und Sicherheit“, die sich gegen die Annexion der besetzten Gebiete und für eine sofortige Lösung des Flüchtlingsproblems, die gegen-seitige Anerkennung Israels und der arabischen Staaten sowie das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung einsetzte.
Er ist Mitbegründer des 1972 gegründeten Friedensdorfes Neve Shalom/ Wahat al Salam in Israel, in dem Juden und Palästinenser zusammen leben und in ständigem Dialog das friedliche Zusammenleben einüben.
2001 wurde Moskovitz mit dem Mount Zion Award ausgezeichnet; 2003 mit dem Aachener Friedenspreis.
Das Dorf wurde 1972 von jüdischen und palästinensischen Israelis gemeinsam aufgebaut.In der „Friedensschule“werde die Kinder mehrsprachig in beiden Kulturen erzogen und in den drei Religionen unterrichtet. bei einem Rundgang durch das Dorf, in dem mehr als 300 Menschen friedlich miteinander leben, bekam unsere Gruppe eine Ahnung davon was möglich ist wenn beide Seiten, Juden und Palästinenser, alles was scheinbar trennt bei Seite lassen und im Gegenüber den Mit-Menschen erkennen können.

Nach den vielen frustierenden Erlebnissen der letzten Tage ein hoffnungsvollen und ein wenig mutmachender Schulusspunkt unserer Reise.
ich möchte diesen Blog meiner Gruppenreise 2012 schließen mit dem Psalm 82 den uns Reuven Moskovitz eindrucksvoll im „Haus der Stille“mit seiner Mundharmonika intonierte,
Wie lange wollt Ihr noch das Recht verdrehen und für die Schuldigen Partei ergreifen?
„Verteidigt die Armen und die Waisenkinder, sorgt für das Recht der Wehrlosen und Unterdrückten, Befreit die Entrechteten und Schwachen, reißt sie aus den Klauen der Unterdrücker, aber Ihr seht nichts, und Ihr versteht nichts! Hilflos tappt Ihr in der Dunkelheit umher, und die Fundamente der Erde geraten ins Wanken.
Ich hatte zwar gesagt: Meine Söhne, Kinder der Götter seid Ihr, Söhne des Höchsten! Doch ihr werdet wie die Menschen sterben, wie unfähige Minister aus dem Amt gejagt.
Greif ein, Gott, regiere die Welt.“

In einem Rundbrief aus dem Jahre 2011 hat Reuven Moskovitz zu diesem Psalm ergänzt,
Dieser Psalm ist sehr zutreffend für die gegenwärtige Situation in der Welt und in Israel. Leider sind die Machthaber unfähig einzusehen, dass sie nicht nur leichtfertig Millionen Menschen zum Sterben verurteilen, sondern dass sie selbst auch aus dem Amt gejagt werden können. Der einzige Satz dieses Psalms, der meiner Meinung nach nicht zutreffend ist, ist der Schluss. Gott greift nicht ein und versucht nicht, die Welt zu regieren. In meinem Buch schreibe ich: „Wenn es Gott gibt, ist er nicht der Gott der jüdischen, christlichen oder moslemischen Fundamentalisten, sondern der Gott, der im Psalm 115, 15-16, beschrieben wird: „Ihr seid die Gesegneten des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Der Himmel ist der Himmel des Herrn, aber die Erde hat er den Menschenkindern gegeben“. Abgesehen von Naturkatastrophen, entscheiden wir Menschen oder diejenigen, die sich anmaßen, die Menschen zu führen, was auf dieser Erde geschieht. In meiner Vorstellung zeigt sich die Größe Gottes in seiner Bescheidenheit und Verborgenheit.

Literaturtip:
• Der lange Weg zum Frieden. Deutschland – Israel – Palästina. Episoden aus dem Leben eines Friedensabenteurers, Verlag am BEATion/Randlage, 7. Aufl., Berlin 2005, ISBN 3928357050 nicht über den Buchhandel zu beziehen, bestellbar bei: Aldalbert Janssen – Klunderburg 1 – 26736 Krummhörn; Tel. 04923/200
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