Wir haben keine Angst

Konfrontation mitten im Zentrum von Hebron
Schwester Maria Rosa
Schwester Maria Rosa

Heute am christlichen Sonntag haben wir zunächst dem in der Nähe von Bethlehem gelegenen katholischen Kloster zum „verschlossenen Garten“(Bezug zum Hohen Lied des Salomon) einen Besuch abgestattet. Siehe auch Das Kloster liegt in einem sehr fruchtbaren Tal in der Nähe eines muslimischen palästinensischen Dorfes Namens Arta. Eingroßer Teil unserer Reisegruppe nahm am sonntäglichen Gottesdienst in italienischer Sprache teil und wurde anschließend mit einem kleinen Frühstück mit selbst gebackenen Köstlichkeiten aus dem Kloster verwöhnt. Die ganze Gruppe wurde von Schwester Rosa, einer sehr engagierten gebürtigen Argentinierin überaus freundlich empfangen. In einem ausführlichen Gespräch erzählte sie uns die Geschichte des Klosters und seine derzeitigen Aufgaben. Das Kloster bietet für etwa 100 Kinder aus dem angrenzenden Palästinenser Ort einen Kindergarten an. Schwester Rosa führt darüber hinaus die örtliche erste Hilfe Station. Auch besteht für interessierte Gruppen die Möglichkeit in einem kleinen Gästehaus des Klosters einige Tage des Schweigens/Exerzitien zu verbringen. Nach Angabe von Schwester Rosa eine der wenigen Möglichkeiten im ganzen hl. Land einen Ort der Besinnung und Kontemplation zu finden. Sie erzählte auch von den letzten Wochen wo der Gazakrieg auch die Menschen im Westjordenland in Atem gehalten hat. Auch wenn es einmal „Wummm“ gemacht hat und in der Nähe ein Einschlag einer im Gazastreifen durch die Hamas abgeschossenen Raketen zu verzeichnen war: „Wir haben keine Angst – Gott will uns hier haben“ so Schwester Rosa. Wieder durften wir mit einer starken Frau sprechen deren kraftvoller und gläubiger Optimismus mehr als ansteckend auf die Gruppe wirkte.

Anschließend fuhren wir mit der Gruppe in die „Patriarchen-Stadt“ Hebron. Sie ist immer im Zentrum von Unruhen und auch gewalttätigen Auseinandersetzungen. Siehe hierzu auch in meinem Blog

Mitten in Hebron "das Ende der Welt"
Mitten in Hebron „das Ende der Welt“

Auch heute war wieder eine angespannte Situation zu verzeichnen. Schon im Vorfeld wurde von der EAPPI- Mitarbeiterin telefonisch mitgeteilt das es ggf. nicht ratsam sei in das durch israelische Siedler besetzte Zentrum der Altstadt zu gehen. Wir haben dann diese Mitarbeiterin am Rande der abgesperrten Zone getroffen. Sie hat uns ihre Tätigkeit erklärt. Mehr zu der Arbeit der EAPPI findet man hier. Anschließend haben wir Hashem Azzeh getroffen der mit seiner 6-köpfigen Familie in unmittelbarer Nähe einer israelischen Siedlung lebt, seinen Garten darf er nur betreten wenn es die israel. Militärbehörde erlaubt. Derzeit ist Olivenernte im Land, wenn er also seine Oliven flücken will (15m von seiner Haustüre entfernt braucht er eine Erlaubnis. In einem kleinen Film den ein schwedischer EAPPI- Mitarbeiter vor einigen Jahren gedreht hat konnte man sehen wie er mit einigen internationalen Helfer/innen von den Siedlern massiv bedroht wurde. Auch sonst im Alltag kommt es immer wieder zu Übergriffen auf seine Frau und seine Kinder.

der eigene Garten: verbotene Zone
der eigene Garten: verbotene Zone

In diesem Sommer wurden seine Weintrauben mit ätzender Flüssigkeit zerstört. Derzeit hat Hashem Azzeh „Hausarrest“ Er darf diese militärische Zone nicht verlassen. Anschließend wollten wir die Gräber von Abraham Isaak und Jakob besuchen. Wegen des jüdischen „Laubhüttenfestes“ kam es zu großem Andrand am Eingang der jüdischen Synagoge, der Eingang über die moslemische Moschee war deshalb geschlossen. Welch eine Diskrepanz: dort die bedrohliche Situation bei Hashem Azzeh, keinen Kilometer entfernt feiern Tausende Juden vor den Gräbern der Propheten ein großes Fest.

Über Marius S. 405 Artikel
Seit dem Frühjahr 2012 habe ich die Möglichkeit, mir durch längere Aufenthalte im Westjordanland/Palästina, ein eigenes Bild von der aktuellen Situation im israelisch/palästinensischen Konflikt zu machen. Ich habe in dieser Zeit unter anderem aktiv im international bekannten Friedensprojekt "Tent of Nations" in der Nähe von Bethlehem (2012) und in einem Heim für alte und behinderte Frauen in der Nähe von Ramallah (2013) gearbeitet. Darüber hinaus habe ich seit dem verschiedene Gruppen bei Begegnungsreisen in Israel, Palästina und im Herbst 2015 auch in Jordanien begleitet. In vielen Kontakten mit palästinensischen und israelischen Menschen hatte ich die Möglichkeit, deren Gefühle und Einschätzungen zum Leben und zum Konflikt zu erfahren. Durch diese Erlebnisse und Erfahrungen vor Ort bin ich motiviert worden, mich auch hier in Deutschland für eine Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinenser einzusetzen. Vor diesem Hintergrund habe ich Kontakt mit der Nahost-Kommission von pax christi aufgenommen und bin seit 2013 dort Mitglied.

1 Kommentar

  1. Ich erinnere mich noch sehr gut an den Besuch bei Hashem Azzeh und seiner Familie.
    Auch deshalb geht mir sein Tod wohl so nahe. Wieder ein Mensch, dessen Mut, gewaltloser Widerstand und Leidensfähigkeit brutal „bestraft“ wird. Was wird ohne ihn aus seiner Familie?
    Man mag sich nicht vorstellen, wie groß das Leid und die Not ihre Zukunft bestimmen wird.

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