Ein wenig Licht ins Jordantal

Vor einigen Wochen habe ich von einer EAPPI-Mitarbeiterin den unter „Historie“ gespeicherten Bericht Hauszerstörung über eine Militäraktion im nördlichen Jordantal gelesen der mich sehr berührt hat. Weitere Infos zu EAPPI können hier gelesen werden: http://www.eappi-netzwerk.de/

auf dem Weg nach Nablus: grüne Landschaft
auf dem Weg nach Nablus: grüne Landschaft

Bei dieser Aktion wurde einer Beduinen-Familie in einem brutalen Einsatz des israelischen Militärs Zelte, Blechhütten, Ställe zerstört, Nahrungsmittel vernichtet. Spontan habe ich damals gedacht dort will ich einmal vorbei fahren und als kleine Geste der Verbindung und des Mitgefühls mit diesen Menschen, konkret auch einige Schekel abgeben. Da fügte es sich gut dass gerade mir eine Freundin für ein konkretes Projekt meiner Wahl in Palästina, 200,-€  zur Verfügung gestellt hatte und bei einem Palästina-Vortrag von mir in Mülheim für diese Menschen eine Sammlung gemacht wurde. Bei der 130,-€  zusammen kam. Außerdem haben ehemalige KollegInnen aus der Schuldnerberatung auf ihren Honorarerlös von 70,-€  verzichtet und ihn ebenfalls gespendet.

Heute habe ich mich nun mit Mirka auf den doch langen Weg (etwa 100 km oder 2 Std. Fahrzeit) von Beit Jala zunächst nach Nablus gemacht, wo ich Emad, einen palästinensischen Arzt, der seit 20 Jahren in Deutschland ist und derzeit in Moers lebt, mit seiner Familie treffen wollte. Ich habe die Familie bei den Veranstaltungen, die ich im Herbst vergangenen Jahres mit der VHS in Neuss zum Thema „Naher Osten“ organisiert hatte, kennengelernt. Im Vorfeld hatte ich mit der Verfasserin des o.g. Berichtes Christine hier in Palästina Kontakt aufgenommen. Sie hatte mir die Handy-Nr. des einheimischen Fahrers genannt, der den Mitarbeitern von EAPPI für ihre Einsätze zur Verfügung steht Ihn sollten wir anrufen um näheres zur genauen Lage des Platzes zu erfahren wo sich die Familie aufhält.

Verwaltungsgebäude in Tubas
Verwaltungsgebäude in Tubas


Nach einer kleinen Besichtigung von Nablus (konkret haben wir uns dort den Jakobsbrunnen angeschaut, an dem Jesus von einer Samariterin Wasser gereicht bekommen hat. Weitere Infos unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Jakobsbrunnen ) haben wir uns auf den weiteren Weg gemacht. Emad hatte inzwischen mit dem Fahrer Ghassan Kontakt der uns empfahl zunächst einen Mitarbeiter der Regionalverwaltung nördliches Jordantal zu kontaktieren. Wir haben ihn in seinem Büro in Tubas aufgesucht, wo er uns zunächst bei arabischem Kaffee die Vorzüge dieser sehr fruchtbaren Landschaft erläuterte und auch darum bat, dass wir in Deutschland für Partnerschaften zwischen der Kleinstadt Tubas und deutschen Gemeinden werben sollten. Mal wieder erfuhr bei diesem Gespräch, dass es hier immer etwas Zeit bedarf bis man „zur Sache“ kommt, wes wegen man eigentlich gekommen ist. Aber nach  15 Minuten konnte durch diesen freundlichen Verwaltungsmenschen telefonisch Kontakt zum Sohn von Msaed il Hammed hergestellt werden, von der im Bericht gesprochen wird. Methqal Daragmeh, ihr Sohn, war gerade in Tubas. Wir verabredeten uns, dass wir ihn in unserem Fahrzeug aufnehmen, damit er uns den Weg zu seiner Wohnstätte zeigen kann.

"Kornkammer" im Jordantal
„Kornkammer“ im Jordantal

Wir trafen den kleinen, schlanken mit einem „Arafat“-Tuch als Kopfbedeckung gekleideten Mann an der vereinbarten Stelle. Auf dem etwa 10 km Fahrt zu seinem „Lagerplatz“ bekamen wir einen ersten Eindruck von dieser fruchtbaren Landschaft. Mir fiel das Wort „Kornkammer“ ein. Natürlich sahen wir auch hier, weit von der „grünen“ Grenze entfernt, die nach Völkerrecht Palästina von Israel trennt, jüdische Siedlungen. Hier in dieser fruchtbaren Gegend des Jordantales gibt es viele Plantagen der Siedler, deren Produkte dann mit der Bezeichnung „Made in Israel“ entgegen der Bestimmungen der EU-Einfuhrregeln, bei uns angeboten werden. 
Nach etwa 10 km fahrt auf einer nicht asphaltierten Schotterpiste kamen wir an der Stelle vorbei wo bis vor einigen Wochen die karge Behausung der Familie stand. Jetzt sind nur noch verstreute Wellblechteile zu sehen. 100m weiter stehen Kühe, Ziegen und Schafe und 100m weiter führt uns Methqal zu ein paar Hütten die er in den letzten Wochen hier auf alten Ruinen eines Wohnhauses errichtet hat.P1040662 Seine Familie (auch seine Mutter) wären derzeit in der Stadt Tubas bei verwandten untergebracht. Wir erfahren weiter das sein Stamm mit 7 Familien seit mehr als vier Generationen in dieser Region leben. Vor 7 Jahren hat man sie von Ihrem Land (was sie mit nachweisbarem Kaufvertrag Anfang letzten Jahrhunderts erworben haben, vertrieben. Hier nun werden vom israelischen Militär Schießübungen veranstaltet und deshalb dieses besetzte Gebiet einfach zum militärischen Schutzgebiet erklärt, wo nicht gewohnt werden darf. Da spielen schon mal gültige Verträge keine Rolle. Methqal ist 49 Jahre alt, hat insgesamt sieben Kinder (die älteste Tochter studiert in Tubas (dort befindet sich eine Außenstelle der größten Uni Palästinas, Nablus). 15 Jahre hat er in jungen Jahren in Israel gelebt und gearbeitet. Er lebt hier vom Viehzucht und dem Anbau von Getreide. Waser beziehen sie von etwa 20 alten Zisternen die hier in der Umgebung in frühen Jahren errichtet wurden.

karge "neue" Unterkunft
karge „neue“ Unterkunft

Die mehrfachen Zerstörungen vor einigen Wochen haben nun dazu geführt das seine Familie zunächst nicht mehr bei ihm wohnen will. Er selbst will aber von hier nicht weg da er befürchtet sein Land hier endgültig an die Israelis zu verlieren. Schlimm empfindet er auch das die Israelis seinen Traktor weggenommen haben, den er nur bei Bezahlung von 5.000,- Schekel wieder bekommt

In Beit Jala unserem derzeitigem Wohnort wurde heute für die orthodoxen Christen das „heilige Licht“ gebracht, welches am Morgen vom Patriarchen in der Grabeskirche in Jerusalem entzündet wurde. Ich habe Methqal durch Emad erklären lassen, das die kleine Spende aus Deutschland, „garniert“ mit süßen Ostersachen, so etwas wie ein kleines Licht für ihn und seine Familie bedeuten soll. In der beigefügten Grußkarte hatte Emad in arabischer Schrift  das Motto des Tent of Nations geschrieben:
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Wir wollen Brücken der Hoffnung und der Freundschaft zwischen den Völkern bauen

Über Marius S. 405 Artikel
Seit dem Frühjahr 2012 habe ich die Möglichkeit, mir durch längere Aufenthalte im Westjordanland/Palästina, ein eigenes Bild von der aktuellen Situation im israelisch/palästinensischen Konflikt zu machen. Ich habe in dieser Zeit unter anderem aktiv im international bekannten Friedensprojekt "Tent of Nations" in der Nähe von Bethlehem (2012) und in einem Heim für alte und behinderte Frauen in der Nähe von Ramallah (2013) gearbeitet. Darüber hinaus habe ich seit dem verschiedene Gruppen bei Begegnungsreisen in Israel, Palästina und im Herbst 2015 auch in Jordanien begleitet. In vielen Kontakten mit palästinensischen und israelischen Menschen hatte ich die Möglichkeit, deren Gefühle und Einschätzungen zum Leben und zum Konflikt zu erfahren. Durch diese Erlebnisse und Erfahrungen vor Ort bin ich motiviert worden, mich auch hier in Deutschland für eine Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinenser einzusetzen. Vor diesem Hintergrund habe ich Kontakt mit der Nahost-Kommission von pax christi aufgenommen und bin seit 2013 dort Mitglied.

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