Gestern habe ich Nablus, die zweitgrößte Stadt im Westjordanland (ca. 150.000 Einw.) besucht. Sie liegt etwa 60 km von Qubeibaeh entfernt.
Nablus wurde von Titus 72 nC als Neapolis gegründet und später von den Arabern Nablus genannt. Die Stadt liegt zwischen zwei etwa 900 m hohen Bergen. Da das Tal dazwischen recht schmal ist wurden viele der neuen Häuser an den Hängen gebaut.
Die Stadt war früher der Hauptort der Samaritaner, die sich früh von der Hauptrichtung der Juden getrennt hatten. Heute leben noch etwa 400 Samariter
in einem Vorort von Nablus. In Nablus kann man in einer Gr. Orthodoxen Kirche den Jakobus-Brunnen bewundert, wo Jesus der Sameriterin begegnet sein soll.
Die Stadt wirkte auf mich wie so viele palästinensische Städte: ein totales Verkehrschaos mit einem Lärmpegel der mich schnell an die Ruhe von Beit Emmaus zurück sehnen lässt. Der verkehr verursacht dabei auch einen Luftverschmutzung die einem das Atmen oft schwer macht. Auch fällt die Orientierung meist schwer, da es so gut wie keine Straßenbezeichnungen gibt.
Auch in Nablus gibt es in der Altstadt einen großen Basar/Souk wo man aber anders als in den touristischen Hochburgen wie die Altstadt von Jerusalem oder Bethlehem in ruhe durchschlendern kann ohne mit Verkaufsangeboten bedrängt zu werden.
Nablus ist bekannt für Knafe, eine warme Süßspeise von safranrotgefärbten knusprigen Maismehlnudeln, die süßen Ziegenkäse bedecken, der mit heißem Zuckerwasser durchtränkt ist. Das ganze dampft auf einem riesigen runden Blech, das von einer offenen Gasflamme warm gehalten wird. Es soll in ganz Palästina keine bessere geben…Das Foto hierzu muss ich nachliefern. Irgendwie habe ich dieses knallrote „Verführung“ nicht fotografiert – sorry.
Sowohl auf der Hin- wie der Rückfahrt sind wir auf der Straße 60 gefahren, eine Straße die das ganze Westjordanland von Norden zum Süden durchquert. Auf dieser Straße fahren sowohl israelische Siedler wie auch palästinensische Fahrzeuge. Immer wieder gibt es Abzweigungen zu israelischen Siedlungen oder jüdischen Monumenten, oft mit Zäunen/Mauern verbarrikadiert, vielfach mit Wachtürmen beschützt. Mich als Besucher stört es dabei total, dass auf dieser Straße, die ja durch das Westjordanland, häufig israelische Fahnen angebracht sind.
Wie ich finde eine zusätzliche (neben den Siedlungen als solche) und unnötige Provokation für die palästinensische Bevölkerung. Man stelle sich gleiches vor im israelischen Kernland, wenn dort die arabische Bevölkerung an den Straßen die palästinensische Flagge anbringen würde…
Lieber Marius,
gestern las eine Kollegin zu Beginn unserer Dienstberatung folgendes Gedicht vor:
„Tanzen
Tanzen möchte ich können, tanzen möchte ich dürfen, mit allen Gliedern des Herzens und des Geistes.
Aus der Reihe tanzen, wo man dein Wort verrät; aus der reihe tanzen, wo alles steril und satt ist.
tanzen, dass die welt um mich wirbelt. tanzen. dass alles sich um Dich dreht mit dem Rhythmus von Himmel und Erde.
Aus der Reihe tanzen, wenn die Lüge die Wahrheit verdrängt, aus der reihe tanzen, wenn die Angst den Atem verschlägt.
tanzen, dass mir hören und sehen vergeht. Tanzen, dass ich eintauche in deine Welt mit lachenden Armen und Füßen, voller Freude.
Aus der Reihe tanzen, wo sich alles im Kreis ums Ich dreht; aus der Reihe tanzen, wo alle im Gleichschritt gehen.
Tanzen vor dir Gotte! Tanzen für Dich! Tanzen in dir.“
Ich habe sofort an dich gedacht und als ich näher nachlas, wo das Gedicht herkommt, stand da: Immanuel Jacobs, Israel, Land der Widersprüche. (Vier-Türme-Verlag, Münsterschwarzach 1990).
Also schicke ich es dir heute mit einem lieben Gruß und dem Hinweis, dass ich aufmerksam und regelmäßig deine Blogs lese, für die ich dir sehr dankbar bin. Tanze weiter so!
Herzliche Grüße aus dem blühenden Dresden.
Andrea